Uri Bülbül | Das Ästhetikum

 
 
 
 
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Gedankenstriche-Map
Gedankenstriche Teil II ab 185


Auf der Suche nach einem Mittel der Wahrnehmung...

Es kommt nicht darauf an, die Welt zu verändern,
sondern des Menschen Verhältnis zur Welt.

 Gedankenstrich 71


25. Januar 2023
Was willst du in der Welt bewirken, bevor du stirbst?

Nun ja! Tja! "Bevor ich sterbe" - das ist schon klar. Wann denn sonst? Nach dem Tod? Obwohl man gerade in meiner Kunst: Literatur und Philosophie ja oftmals posthum mehr bewirkt als zu Lebzeiten. Da ich ja nun auch noch obendrein kürzlich erst 60 geworden bin, ist der Zusatz: "bevor du stirbst" gar nicht so falsch. Siehst du? Meine Gedanken kreisen mehr um diesen Punkt als um meine tatsächliche Wirkung. Diese nämlich wird nicht allein von meinem Wollen abhängen. Was immer auch ich will, alles kann immer ganz anders kommen. Der Mensch ist für diese Welt und das Leben schlau genug, obwohl auch viel in wohl geordneten Bahnen verlaufen mag.

Ich möchte der Welt Liebe geben in Philosophie, Literatur und gelebtem Leben. Die Vitalität stärken, die tödlichen Kräfte bannen oder schwächen, anprangern und so ins Licht führen, damit sie das Leben nicht mehr hinters Licht führen können. Das Leben ist etwas Einzigartiges und Wundervolles. Der Leichtsinn und die Dummheit, mit der wir uns davon entfremden, fremd bestimmen und in falschen Idealen verspielen lassen, ist für mich unerträglich und gehört überführt.

Kann ich das bewirken, bevor ich sterbe?Ich weiß es nicht.

 Gedankenstrich 72

 Gedankenstrich 73

 Gedankenstrich 74

Ich denke über das Paradies nach und das nicht erst seit heute, aber heute an einem verregneten grauen Februar-Samstag ohne fließend Leitungswasser im Gartenhäuschen scheinen philosophische Kurzfassungen besonders zu gelingen...

18. Februar 2023


«Der gefallene Engel ist viel interessanter als ein Engel, der immer ein Engel blieb; denn daraus ergibt sich ja nicht einmal eine Geschichte», sagt Hannah Arendt in einem Gespräch mit Joachim Fest 1964. Ich möchte hier gar nicht über die Dämonisierung des Bösen nachdenken. Vielmehr interessiert mich der Begriff der "Geschichte". Wenn etwas immer ist, wie es ist und es bleibt, ist das langweilig. Da passiert nichts, da gibt es keine Ereignisse und die Hintergründe, die zu diesen Ereignissen geführt haben (könnten), da gibt es keine Abfolge der Ereignisse, also auch keine Geschichte. Aber nicht darum soll es in der Paradiesologie gehen. Sie ist auch nicht die Geschichte von Adam und Eva und der Schlange. Es kommt in der SOKRATES-Erzählung bis jetzt nicht zum Vorschein, worum es in der Paradiesologie überhaupt gehen soll. Vielmehr bleibt die Erzählung magisch gebannt wie das Kaninchen von der Schlange bei Uri Nachtigall hängen, der dieses Buch nicht geschrieben hat oder haben will, obwohl es in seiner Autorschaft erschienen ist. Es sind mehrere Möglichkeiten offen: 1. es kann sein, dass die Paradiesologie etwas verrät, was Faustisch gesprochen, das ist, was die Welt im Innersten zusammenhält; 2. es kann sein, dass dieses Buch der Schlüssel ist, das Tor ins Paradiesische zu öffnen; 3. es kann auch sein, dass durch die Endung "-logie" angedeutet, einfach nur systematisch über das nachgedacht wird, was unterschiedliche Menschen und Kulturen für paradiesische Zustände halten; 4. darauf deutet das hin, was Uri Nachtigall mit dem Buch erlebt: Jeder schreibt für sich die Paradiesologie neu.Der erste Gedanke, den ich mit der Paradiesologie verfolgen wollte, war, warum sich der Apfelbaum überhaupt im Paradies befindet; der nächste Gedanke war das Naschverbot! Es geht bei der Vertreibung aus dem Paradies als Konsequenz der Übertretung des Verbots nicht um Strafe. Ich sehe Gott hier an seiner Grenze, wie er etwa auch in seiner Allmacht keine Mauer bauen kann, die so hoch ist, dass er sie nicht zu überwinden vermag. So muss logisch zwingend der Baum der Erkenntnis im Paradies sein, um das Paradies auch zu einem besonderen Ort zu machen als Garten Eden, der von einem anderen Ort um ihn herum abgegrenzt und abgesondert ist. Sonst wäre ja das ganze Universum mit seinen unendlichen leblosen Weiten auch das Paradies. Erkenntnis aber ist nicht einfach ein Zugewinn: «Und ihr werdet erkennen, was Gut und Böse ist und ihr werdet sein wie Gott!» Nein, der Rat der Schlange ist falsch: wer Gut von Böse trennen kann, verliert die paradiesische Unschuld, wird nicht wie Gott, sondern verliert zwangsläufig das Paradies, so dass Gott nicht verboten, sondern gewarnt hat, vom Baum der Erkenntnis zu naschen. Wer nascht verliert das Paradies nicht als Gottes Strafe, sondern zwingend notwendig - so zwingend, dass auch Gott dieser Notwendigkeit unterworfen ist, wie er eben auch keine Mauer bauen kann, über die er nicht zu springen vermag.

 Gedankenstrich 75

Würdest du von dir selbst sagen, dass du verrückt bist?

19. März 2023

Ich bin ziemlich verrückt, mißachte Normen bei der Hundeführung, gehe meinen eigenen Weg mit meinem vierbeinigen Freund und er hat die größtmögliche Freiheit, die niemandem schadet, weil echte Freiheit niemals schadet! Aber Menschen haben vor Freiheit immer Angst. "Leinenpflicht", "Leinenzwang" bekomme ich immer wieder zu hören und noch so manchen Unfug, wie, dass man einem Tier nur vor den Kopf gucken könne und ihm nicht ansehe, was er als nächstes macht. Dieser Unsinn wird von mir schlichtweg ignoriert; ich kommuniziere mit meinem Hundefreund nonverbal und ohne Kommandos bestens.

Ich igrnoriere auch sonst sozialnormiertes oder kulturell vorgeschriebenes Verhalten! Entweder gibt es lebendige Regeln, die zu befolgen einfach zu einem schöneren und erfüllteren Leben führt, oder diesen übercodierten Normzwang zur Knechtung der Menschen. Die Dinge so zu sehen, entrückt mich der gesellschaftlichen Mitte.

Auch in der Kunst, Poetik, Ästhetik, Philosophie halte ich mich an keine Normen und Vorschfiten und sehe dadurch immer mehr Dinge anders, als andere sie sehen. Das verrückt mich wieder ein Stück aus der Normalität - manchmal in neue Gesellschaften und Freundschaften, manchmal ins Abseits, aber noch ist das ein Abseits, das kaum bis gar nicht sanktioniert wird; denn schließlich muss ich ganz pragmatisch dafür sorgen, dass ich nicht in der Klapse lande, auch wenn ich von mir in Anspielung an Friedrich Hölderlin von "Hölderling" spreche und sage, dass "Weltschmerz" für mich bedeutet, dass mich der Zustand der Welt schmerzt. Ich höre keine Stimmen, habe keine Halluzinationen, glaube aber an unerklärte und als "übersinnlich" bezeichnete Phänomene, kann mich ganz ernsthaft und aufrichtig auf Gespräche über Paranormalität und Parapsychologie einlassen; bin aber weder im Verhalten noch im Reden ein Esoteriker. Aus der Kunst und Literatur kommend bezeichne ich mich lieber als Romantiker und politisch als Kommunist, obwohl dieser Begriff durch die historische Realität und Praxis der brutalen Technokratie und Industrialisierung völlig kontaminiert. ist. Man verbindet damit Unterdrückung, Technokratie, Bürokratie, Bespitzelung, und Terrorisierung politisch anders denkender oder "Abweichler"! In diesem Kommunismus wäre ich bestimmt im Gulag gelandet und dennoch bin ich verrückt genug, an einen Kommunismus im besten Sinne der Gemeinschaftlichkeit mit Mensch und Natur zu glauben.

Das Wort "verrückt" ist für mich überhaupt nicht negativ konnotiert. Ich finde "normal" schlimmer, weil Normen von Menschen in Ausbeutungsgesellschaften gemacht sind und zu diesem System gehören und ihm dienen. Alles andere sind lebendige Regeln, wie schon oben erwähnt. Wohin also geht die Reise mit meinem Verstand? Auf diese Frage suche und gebe ich diverse Antworten Folge für Folge mit meinem kafkASKen Fortsetzungsroman SOKRATES. Dieses Narrativ ist mir sehr ans Herz gewachsen, bin mal gespannt, wohin die Reihe mich führt.

 Gedankenstrich 76

"Wenn man einen Schlüssel hat, der in jedes Schloss passt hat man einen Masterschlüssel. Wenn man ein Schloss hat, in welches jeder Schlüssel passt ein billiges Schloss" - was hälst du davon wenn Leute diesen Spruch bezogen auf Frauen/Männer bringen?
ScripturientEternitarian


15. April 2023

Ich halte nichts von derlei moralisierendem chauvinistischen Dummgequatsche! Durch das schlechte Bildungssystem, die zu hohe Einwanderung gemessen an den Bedingungen der kulturellen, sozialen wie wirtschaftlichen Integration, einen kulturellen Niveauverlust, womit ich gar nicht sagen will, dass Menschen, die neu in diese Gesellschaft kommen und ihren Platz suchen ein niedriges kulturelles Niveau mitbringen und summarisch den Durchschnitt nach unten ziehen. Das ist eine zu einfache Denkweise. Ich würde eher sagen, dass diese Gesellschaft als Einwanderungsgesellschaft ihre eigenen Strukturen gar nicht weiterentwickelt und optimiert hat, um Vielfalt zum Vorteil des gesellschaftlichen Lebens zu nutzen. Die mitgebrachten menschlichen Potenziale, sozialen und moralischen Kompetenzen, Erfahrungen und Vorstellungen aus der Herkunftskultur werden überhaupt nicht in einem kulturellen Dialog ernst genommen. Es gibt keine kulturellen Dialoge, was stattfindet ist ein einziger niveauloser Brei, eine irrationale Kakophonie. Auch die psychoszialen Probleme, Traumata durch Flucht, Vertreibung, Krieg, Gewalt, Verfolgungen werden nicht verarbeitet und es gibt kaum Hilfsangebote gemessen am Bedarf. Ich möchte hier keine absoluten Zahlen und wirtschaftlichen Aufwendungen aus öffentlicher Hand sehen, sondern immer in Relation zum Bedarf. Oft fließen auch öffentliche Mittel in traditionelle alte Tanker, die überhaupt nicht in der Lage sind, qualitativ hilfreiche Arbeit zu leisten. Angesichts dieser hier nur kurz umrissenen Situation drückt sich soziale Verelendung auch als kulturelle und moralische Verelendung aus. Lustfeindlichkeit, Intoleranz, Sozialneid, das Umsichgreifen religiös fanatischer Urteile und blinder Konservativismus an inadäquaten Wertvorstellungen sind Symptome dieser gesellschaftlichen und kulturellen Krise. Auch wenn ein hohes Immigrationsaufkommen das Problem katalysiert und augenscheinlich gemacht hat, ist das Problem in dieser Gesellschaft über Jahrzehnte entstanden und ganz anders verursacht. Oft sind diejenigen, die "Lösungen" anbieten durch ihre einfachen Denk- und Propagandastrukturen die Verursacher. Aber auch sie nicht allein. Es gibt übrigens kein Schloss, in das jeder Schlüssel passt. Das nur ganz nebenbei. Ich lege im Sinne der Freiheit wert darauf, dass Individualität und freie Beziehungen der Individuen gefördert werden, jeder Mensch das Recht hat, seine eigene Rolle zu finden, zu ändern und auch seine Moral zu entwickeln. Frauen haben ebenso das Recht, ihre Sexualität auszuleben wie Männer, Homosexuelle wie Heterosexuelle und Diverse ebenfalls. Aber nebenbei bemerkt: Chauvinisten leben nicht erfüllt ihre Sexualität aus, sondern erfüllen Klischees falscher Moralvorstellungen von Macht und Stärke. Freiheit muss lebens-, vitalitätsfördernd sein, ausgelebte Destruktivität ist kein Ausdruck von Freiheit, sondern von inneren oder äußeren Zwängen.

Als Kulturphilosoph habe ich viel nachzudenken und nehme gerne solche Fragen zum Anlass. Danke.

 Gedankenstrich 77

Ich habe die Frage von der "Ewigen Schreiberin" (@scripturienteternitarian7 ist es richtig übersetzt?) zum Anlass genommen, mich auf ein schwieriges Themenfeld zu begeben: Migration und Kultur. Hier lauern viele Tretminen und die Stimmung ist explosiv. Ich möchte diese Minen ausräumen.

15. April 2023

Wenn man denn unbedingt Anfänge sucht, könnte man natürlich Thilo Sarazins Buch als einen solchen Anfang der Debatte sehen. Aber auf diesem Niveau und in diesem Diskurs ist genug gesagt, geschrieben und gestritten worden und ich sehe darin nichts Fruchtbares. Die Fragestellerin selbst kam mit einer anderen Fragestellung und hatte das Thema der Immigration also der Einwanderung gar nicht im Sinn. Mit der Brücke, die ich von ihrer Frage zur Einwanderung schlug, habe ich selbst ein kleines fremdenfeindliches Fauxpas begangen. Aber in der Tat ganz und gar in der Absicht, ins Wespennest zu stechen. Ich philosophiere über Kultur, Bildung, Kunst, Soziales, Politik usw. usf. und soll Tabufelder stehen lassen? Nein, sicher nicht. Mein Schweigen mag viele Gründe gehabt haben und auch vielschichtig sein, zumal ich selbst aus der Sicht derjenigen Menschen, die sich in dem kakophonen Diskurs aufhalten und immer schön selbst ins Horn blasen und Krach schlagen, einen "Migrationshintergrund" habe oder ich könnte ja auch ganz schlicht und einfach sagen: "Ausländer" bin. Manchmal ist der Krach der Diskussion so laut und durcheinander - eben im wahrsten Sinne des Wortes eine chaotische Kakophonie, dass man gar keine Chance sieht, halbwegs vernünftig sich einzubringen. Man darf ja auch den Einfluss des Krachs auf das eigene Denken und Äußern nicht vernachlässigen. Man ist schnell nicht mehr man selbst, wenn man beginnt, sich in der Kakophonie zu äußern. Also habe ich geschwiegen, hier und da auf extreme Äußerungen reagiert, aber das eigentliche kulturphilosophische Fass nicht aufgemacht. Mich erstaunt es selbst, dass ich so lange diese Haltung wahren konnte, obwohl ich auf dem Feld der Kultur aktiv bin und immer in die Ecke der "Interkultur", "freie Kulturszene", "Soziokultur" gestellt werde. Viele Menschen, mit denen ich kollegial und freundschaftlich zu tun habe, arbeiten selbst in einer gewissen Schizophrenie der Ausblendung und des Schweigens, weil man es in dieser Lärmsituation ohne Kopfhörer nicht aushält. Gerade aber wechsle ich den Diskurs, um im Bild zu bleiben: verlasse die Halle mit dem Lärm und begebe mich an einen ruhigen Ort, an dem ich meine Gedanken sammeln und sortieren kann, ohne den Anspruch zu erheben, mit allem, was ich sage "richtig" zu liegen. Auch philosophische Hypothesen kann man doch bilden, ohne den Anspruch zu haben, sie um jeden Preis als wahr beweisen zu wollen und dogmatisch an ihnen festzuhalten. Warum sollte nicht ein "dann habe ich mich halt getäuscht" möglich sein? Meine grundsätzliche Position ist aber eine lebensbejahrende kosmopolitische: leben und leben lassen. Das klingt einfach und einleuchtend, aber ich sehe mit großer Sorge und mit großem Weltschmerz, dass dies nicht nur nicht selbstverständlich ist, sondern auch praktisch überall hintertrieben und höchst aggressiv verdrängt wird. Die Weltpolitik ist höchst explosiv, Waffenlieferungen und Menschenopfer, Zerstörung und Gewalt werden als selbstverständlich hingenommen :'(

 Gedankenstrich 78



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 Gedankenstrich 80



Gedankenstriche 81-90
 
 
Uri Bülbül
freier Literat und Philosoph
• Waterloostraße 18 • 45472 Mülheim a.d. Ruhr