Ein romantisches Osterei und ich fülle es langsam und schier stetig mit Inhalten, bis irgendwann die Schale zerplatzt und ein Wesen diesem Ei entschlüpft, dass gefragt werden kann: «Was ist das? War das Ei zuerst da oder Uri?»
Im linken Rationalismus der Aufklärungsfanatik, den auch ich im Herzen trage, gerät die Naturbewunderung schnell ins Licht der Schwärmerei und in den Verdacht reaktionärer Ideologie. Doch bei meinen Spaziergängen entdecke ich Düfte, Licht, Formen, die mich ergreifen, weiß nicht warum. Was so lebensfroh einen stimmen kann und rührt, soll "reaktionär" sein? Und Naturbewunderung dem Leben abträglich? Der Faschismus und Autoritarismus haben uns so vieles gründlich verdorben, vielleicht den ganzen Lebenssinn im Sinne der Sinnlichkeit! Das ist mehr als einen Gedankenstrich wert! Ich arbeite daran.
Vollmondelegien
Wenn man das Wort «Vollmondelegien» etwa so liest wie Belgien und auf der vorletzten Silbe betont, könnte das doch ein phantastisches Land sein. Oder aber wir bleiben bei der Aussprache und Betonung, die uns das Wort, das sehnsuchtsvolle Klage- und Schmerzlieder als Poeme bezeichnet, nahelegt. So soll es sich etwa anhören:
der letzte Laut ein langgezogenes "i", aber auch der Anfangslaut ist für mich nicht so kurz zu sprechen, wie Google es vorschlägt. Hoffentlich verdreht uns die Künstliche Intelligenz nicht alles, bei dieser Gelegenheit frage ich mich ganz elegisch: ist «Intelligenz» nicht an sich schon die totale Verdrehung des Lebens? Aber nein, diese Frage ist nicht rhetorisch gestellt, sondern wehklagend! Der Rationalismus verdirbt uns eben alles: auch die schöne Intelligenz, die für mich ohne Empathie und soziale Sensibilität nichts ist.
Ich könnte es auch mit dem 13. Korinther-Brief des Paulus sagen, dessen Worte ich von großer vitaler Weisheit finde:
1 Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. 2 Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts.
Ich wehklage dieses Nichts!
Daraus entsteht alles an Brutalität, Technokratie, Eiseskälte, wogegen ich elegisch Protest erhebe! Die Hoffnung in der Klage ist, dass sie berührt und bewegt - nicht zuletzt im Sinne von motiviert!
Vollmondelegien
Mit
Anke Kortmann, Gesang
Fethi Ak, Percussion
Jens Pollheide Bass & Flöten
Yavuz Duman Trompete, Flügelhorn
Uri Bülbül, Rhetorik
Diego Li, Intuition
Eine musikalisch-poetische Performance mit Improvisationen, Liedern und Instrumentalstücken um inneren und äußeren Frieden, das Ringen danach im Krieg gegen den Krieg, die Waffen des Friedens Schmerz, Sehnsucht, Tränen, Wut, Trauer und Stille - ein Innehalten in der Paradoxie und Fallenlassen aller Gewaltdiskurse, denn sie wissen nicht, was sie tun!
Letztlich ruft der Vollmond als "Wunde der Nacht" (Robert Walser) am Himmel zur Liebe auf, zum Leben und noch einmal zu schauen, wo die Blumen sind, sag mir: wo sind sie geblieben? Mädchen pflückten sie geschwind. Wann wird man je verstehn?
Kanalarbeiten
27. Oktober 2023
Ich halte youtube für eine ganz gelungene und wichtige technologische Errungenschaft, für einen Gewinn in der Medienlandschaft, wenn man diese unter technologischen und nicht etwa unter wirtschaftsmächtigen Gesichtspunkten betrachtet. Die Einwände gegen die Medien sind so einfach wie sie wahr sind: sie bilden eine Käseglocke, eine Blase der Scheinrealität um unseren Kopf, wir zirkulieren immer mehr im Kreis unserer von der Medienmacht ausgenutzten und bedienten Interessen und können kaum mehr etwas Neues aufnehmen. Letztendlich möchten Medienmacher am Publikum Geld verdienen, Profit erzielen und dafür manipulieren sie das Bewusstsein der Menschen, des Publikums, der Öffentlichkeit. Die Kanäle sind tief, schmutzig, alles, was dort durchfließt ist unüberschauber, giftig, schädlich und doch irgendwie organisch lebenswichtig für Gesellschaft und Zivilisation.
Ja, die Menschen haben die Welt soweit verdreht und entwickelt, dass nichts bedenkenlos genießbar ist. Aber Bedenkenlosigkeit selbst führt höchstwahrscheinlich zur Ungenießbarkeit.
So viele Gedanken, Assoziationen und Begriffe sind im Moment da, dass ich sie nicht zu sortieren vermag, aber auch nicht zurückhalten möchte: sie sollen in die Kanalisation abfließen: Genuss - Genießbarkeit - Geschmack - Gift - Sucht - Gefahr - Geschmacksache - Subjektivität - Prägung - Manipulation - ...
Momentan halte ich den mit Ertan Erdoðan von Cam Goez Produktion fertiggestellten Film, ohne dessen Können und Einsatz diese Realisation nie fertig geworden wäre, für ein gelungenes, genießbares und mich künstlerisch zufriedenstellendes Werk.
Und unverdrossen träume ich von der Offenheit der Kunstwerke und ihrer Lebendigkeit: sie können kommentiert werden, sie können zu weiteren Produktionen anregen, sie können die Basis von Kooperationen sein.
Meine Kollegin Sabitha Saul, Fotografin, und ich erarbeiten ein Konzept für ein Video-Essay, suchen Fördermöglichkeiten, kommunizieren, überlegen. Allein, was wir bisher besprochen und erdacht haben, war schon die Mühe wert und noch ist kein Hauch des Videos abgedreht. Abgedreht vielleicht meine Hoffnung auf Kunstförderung. Aber wer aufgibt, hat schon verloren. In unserem Papier findet sich der Satz: «Der Video-Essay "versucht", Ideales, Soziales und Reales als kulturpolitische Einheit neu zu überdenken.»
Darin drückt sich auch die Not aus, in der die Szene sich befindet, eine Not, die auch die Notwendigkeit auf strukturelle wie politische Veränderungen in sich birgt. Während (meine Worte) wie Wolken den ideelen Himmel verdunkeln können, sehe ich sehr viel Licht in Sabitha Sauls Fotografie.
Regennachmittag
30. August 2023
Ich glaube zu beobachten, dass die Jahreszeiten sehr pünktlich einsetzen, als wollte das Klima hierzulande in seiner Beständigkeit sich beweisen und unsere Annahmen von seinem Wandel Lügen strafen. Aber die metereologischen Messungen und die ganzen Diskurse sprechen eine andere Sprache und gewiss möchte ich nicht zu irgendwelchen ignoranten Leugnern gehören. Am heutigen 30. August 2023 jedenfalls ist der Vormittag noch sonnig und die Temperaturen unter 20°C und am Mittag setzt der Regen ein und verregnet den Nachmittag. War ich gestern noch mit Pflaumen Pflücken und Baumbeschneiden beschäftigt, kann ich heute nur noch aus dem Fenster schauen.
Klimawandel aber, so meine Gedankenstrich-These, hat in der bundesrepublikanischen Gesellschaft und ihrer Osterweiterung durch Niedervereinigung des "anderen deutschen Staates", der nie in der westlichen Welt voll anerkannt wurde, egal ob es eine Olympia-Teilnahme mit ganz vielen, wie auch immer zustandegekommenen Medaillengewinnen gab, schon ab 1982 stattgefunden. Darüber philosophiere ich auch 41 Jahre später noch - wie unter Schock und Fassungslosigkeit, obwohl so viel schon Normalität geworden ist.
Mal weg von den großen Scheinheiligkeiten narzisstischer und geltungssüchtiger Selbstdarsteller und anderer Erfolgsmenschen, die im Establishment ihre Bühne gefunden haben. Daneben auch weniger erfolgreiche Imitatoren. Nach 1982 beschleunigte sich die Erosion jeglicher Reformidee und endlich obsiegte die Maxime der Gewinnmaximierung bei möglichst geringem Aufwand. Es sind die Jahrzehnte der Komödianten, der Aufschneider, Selbstdarsteller, aller, die so tun können, als ob. Selbstzweifel, Substanzsuche, das Ringen nach Erkenntnis, auch wenn es mal vergeblich sein kann, Selbstkritik und Courage zur Kritik verlieren an Boden, werden marginalisiert und gesellschaftlich zur Randständigkeit gedrängt.
Helmut Schmidt war noch der Philosoph unter den Kanzlern, symbolisierte und schauspielerte Nachdenklichkeit, Reflektiertheit, Besonnenheit, Ausgeglichenheit. Wieviel davon substanzbeladen war, sei dahin gestellt. Die Ämter der repräsentativen Demokratie erlauben nicht viel Substanz, da auch das Tagesgeschäft, die "Sachzwänge", die Eingebundenheit in die Weltpolitik und damit auch in die Politik und wirtschaftlichen Verhältnisse internationaler Art kein eigenes und selbstbestimmtes Tempo und Richtung erlauben. Auch das hat Helmut Schmidt immer wieder betont, als deutscher Kanzler auf der Weltbühne den Ereignissen auch ein deutsches Gewicht verliehen, ohne in allem ganz blind in den Flüssen und Strömen mitzuschwimmen. Das konnte auch Helmut Kohl ganz gut; was mit Angela Merkel einsetzte war ein blinder Glaube an das, was der Westen macht, werde schon richtig sein. Sie entwickelte zugleich das Eigengewicht der Mütterlichkeit, des Abwartens und Aussitzens, wie sie es auch von ihrem Ziehvater Dr. Kohl gelernt hatte.
An diesem Regennachmittag wiederhole ich mir meine Geschichtsschreibung mit dem Zusatz des Feuilletonbeitrags aus der NZZ von Felix Heidenreich: «Der Diener des Philosophen». Warum eigentlich nicht «Kants Ende»? Ich bin kein Kantianer, seine Schrift «Was ist Aufklärung?» mit seiner mantraartig wiederholten Definition, ist mir keine Festschrift der Erleuchtung. Ich verabscheue den Missbrauch der Vernunft im Rationalismus, in der Scholastik des Marxismus, Neoliberalismus, Positivismus, Materialismus oder sonstwo! Mit der Vernunft lässt sich alles verteidigen, rechtfertigen, argumentativ untermauern. Das ist der Irrsinn des Rationalismus.
Wie Gesellschaft, Staat und Vernunft - nicht Rationalismus!!!- zusammengehen können, ist ein ungelöstes Rätsel geblieben. Diese Systeme haben nicht zueinander gefunden, sie existieren mit ihren Eigendynamiken nebeneinander her und beeinflussen sich zwar und wirken aufeinander, aber nicht in vernünftiger und durchdachter Weise. Wer auf staatliches Handeln setzt, setzt auf Irrsinn. Wer auf auf die Selbstregulation der Kräfte setzt, ebenfalls!
An diesem Regennachmittag kann diese Nachricht das Büro verlassen: Eine pragmatische, lebensfreundliche Haltung hat die Menschheit nicht eingenommen, was doch mit dem Club of Rome oder Global 2000 - Bericht an den Präsidenten allerspätestens fällig gewesen wäre, wenn schon die Bilanz zweier Weltkriege nicht gereicht haben sollte. Was also sollte mein Schreiben im Internet bewirken und bewegen? Fast hat es den Anschein, nein, fast will es mir scheinen, dass ich nur die Regenzeit totschlagen möchte. Selbst emotional niedergeschlagen in individueller Machtlosigkeit und Einsamkeit. Ein Individuum, das sich vom Guten Ganzen abgeschnitten, nein verlassen, fühlt, auch wenn auf Instagram «HighEnergyMind» alias «dasgesetzderanziehung» gewerbsmäßig Mut zupostet.
Über und über mit Sinn: übersinnlich!
19. Juli 2023
Im Vollmond Talk des August 2023 geht es mit Andrea Schuster in der MACHBARSCHAFT BORSIG11 um physikalische oder sind es «para-physikalische» Betrachtungen... und ich versuche hier im hundertsten Gedankenstrich den Sinn des Vollmondtalksals als roten Faden zu kommunizieren, den ich anstrebe, indem ich in aller gebotenen philosophischen Bescheidenheit nach dem Mond greife, während andere nach den Sternen streben.
Noch ist der Gedanke als Text nicht zu sehen, aber wer die Vollmondtalks einwenig verfolgt hat, wird den Sinn schon erahnen und alle, die es lesen mögen, werden ihn bald als Text im 100. Gedankenstrich niedergeschrieben finden.
Über den August-Vollmond diesen Jahres aber sagt Google:
August und der zweite Vollmond am 31. August ist. Der größte Vollmond des Jahres 2023, der Supermond, wird am 1. August am Himmel stehen, der kleinste Vollmond war im Februar zu sehen.
Was ich hier zu sagen habe, ist nichts über das Tarot an sich.
Im Büro brodelt es, es kocht, es kocht schon fast über und was überkocht, verbrennt eigentlich auf der heißen Fest... nein, Herdplatte, um im Bild zu bleiben. Und klar ist, und schon fast überflüssig zu sagen, das Büro befindet sich im Oberstübchen, beheizt und befeuert wird es aus dem Herzen. Soweit die literarischen Metaphern. Zur Selbsthermeneutik und Tarot habe ich etwas geschrieben: mit der Kunst der Interpretation werden die zufällig gezogenen Karten gedeutet, so dass sie Sinn ergeben, weil ich Sinn suche und deute, ohne zu glauben, dass eine transzendente Macht von außen und oben mir etwas sagen und mein Schicksal bestimmen möchte. Wenn etwas in mir zu finden ist und zugleich auch außen, dann ist es das Leben. Schicksals- und Freiheitsglaube schließen sich logisch aus, aber wenn wir nur gewahr werden könnten, wie es um den Menschen steht, würden wir bemerken, wie wenig Logik und Logos im Leben ausmachen. Das Schicksal des Menschen ist der Mensch selbst, könnte man sagen und damit geschickt verschleiern, dass mit dem Wort "Mensch" in ein und demselben Satz zwei unterschiedliche Bedeutungen gemeint sind: 1. der Mensch als Individuum und Subjekt, um dessen Schicksal es geht und 2. der Mensch als Gattungsbegriff. Man könnte also auch paraphrasieren: Das Schicksal des Einzelmenschen ist die Menschheit.
Ist damit das Politische nicht auf den Kopf getroffen?
Ist darin nicht auch ein immanenter Humanismus? Es ist denkbar, dass die Menschheit ihr Schicksal selbst in der Hand hat, auch wenn es so aussieht, als müsste sie mit innerer Zwanghaftigkeit in die Katastrophe zusteuern wie auf einen Wasserfall. Eine Energie der positiven Emergenz, als Elan Vital lebendige Strukturen zu einem Größeren zusammenfügt, ist nicht mit Sicherheit auszuschließen.
So weit also die Kunst der Sprachanalyse, dann erst kommt die Kunst der Interpretation, die eigentlich ohne die Sprachanalyse blind wäre. Aber ist es denn nicht auch so, dass das Individuum sein eigenes Schicksal in sich trägt? Mit seiner physischen Beschaffenheit, seiner sozialen, familiären Herkunft und Schichtzugehörigkeit, seiner kulturellen Identität, seiner Rasse und seinem Geschlecht? Machen sie zusammengenommen ihn nicht zum Brennpunkt der Einflüsse? Machen sie nicht seine Individualität aber auch seine Prädispositionen aus? Das könnte ein Gedankenstrich werden - zu viele warten schon vorgedacht und stichwortartig notiert auf ihre Ausformulierung.
Während ich eifrig an den Gedankenstrichen weiterarbeite und die Gedankenstriche 41-43 über- und ausarbeite, drängt es mich zugleich, die Gedanken zum "Offenen Kunstwerk" zu präsentieren. Die Offenheit besteht nicht zuletzt darin, dass der Prozess so sichtbar ist, dass andere darauf reagieren und mit Kritik, Anregungen, Fragen, Bemerkungen eingreifen können. Es gibt eine Dialektik zwischen Offenheit und Geschlossenheit - und ich sehe einen Unterschied zwischen Abgeschlossenheit und Geschlossenheit. Das Abgeschlossene hat etwas Versteinertes, Fossiliertes, Beendetes und Vergangenes - das Leben ist dem Abgeschlossenen soweit abhanden gekommen, dass nicht einmal Fäulnis- und Zerfallsprozesse stattfinden. Das Werk steht als ein abgeschlossenes Werk! Es ist ein Fossil.
Demgegenüber das offene Kunstwerk. Es lebt, es wächst, es verstoffwechselt Impressionen, Informationen, Expressionen. Es lädt zu Interaktionen ein oder fordert sie heraus. Der Umstand, dass dem manche Menschen feindselig gegenüber stehen, ist ebenso wenig neu wie die Idee des Offenen Kunstwerks selbst. Schon der erste Kommentar bei drei erfolgten Aufrufen meiner unbearbeiteten Fassung zeigt dies. Vielleicht zeigt es auch, dass es eine größere Feindseligkeit gegen mein Wirken gibt, dessen Urheber und Ursache ich zwar zu kennen meine, was ich aber was hier noch nicht der Rede wert ist. Die Postdramatik im Katakomben-Theater war schon der Versuch am Offenen Kunstwerk und hatte beachtliche (über 2000) Aufrufe erreicht, bevor es vom Kanalbetreiber auf "privat" umgeschaltet wurde. Das muss an einem anderen Tag noch gesondert thematisiert und reflektiert werden. Kommt Zeit, kommt Rat.
16. April 2023, Sonntag
Absichtlich ins Wespennest gestochen
Mit meiner heutigen ask.fm-Antwort habe ich absichtlich ins Wespennest gestochen. Mir ist seit längerem aufgefallen, dass Migrantinnen und Migranten mit ihren kulturellen Diskursen deutlicher in Erscheinung treten und keineswegs nur in kulturellen Zusammenhängen sich zu Wort melden, sondern auch in Fragen der Gesellschaftsmoral, Lebensführung, Sexualität, Partnerschaft etc. Das ist sehr zu begrüßen, aber mit meinem eigenen Standpunkt in Verbindung gebracht, nicht ohne Ambivalenz. Die Vielfalt wächst, sie wächst aber auch in diversen Versionen des Konservativismus, der Religiosität, des Chauvinismus, Nationalismus und Rassismus. Schwarzköpfigkeit und dunkle Haut- oder Augenfarbe sind nie Garanten von Toleranz und Demokratie gewesen. Auch Menschen mit nicht euripidem Aussehen können politisch, kulturpolitisch, sozial falsch liegen, antidemokratische Tendenzen aufweisen oder ganz offen für chauvinistische, antiemanzipatorische Ansichten und Inhalte sich stark machen. Hier Diskussionen zu tabuisieren und zu meiden, einen positiv gemeinten Rassismus zu üben und Sexismus zu tolerieren, ist einer freiheitlichen und lebensfreundlichen Kultur abträglich. Überhaupt ist jeglicher Rassismus einer freiheitlichen und lebensfreundlichen Kultur abträglich und ich hoffe doch sehr, dass an dieser Stelle meine Wortwahl zu erkennen gibt, dass ich den Begriff des "Humanismus" meide. Auch der Humanismus hat eurozentristische Giftblüten getrieben.
Zuträglich finde ich, wenn ganz klar verdeutlicht wird, dass Ansichten, Meinungen, ja selbst Kulturzugehörigkeiten nichts, aber auch gar nichts mit den körperlichen Merkmalen des Aussehens eines Menschen zu tun haben. Ein dunkelhäutiger Mensch hat nicht automatisch und notwendig mit der Kultur einer afrikanischen Region zu tun. Das klingt selbstverständlich, aber die täglichen Diskurse missachten diese Erkenntnis schier ausnahmslos. Unsere Diskurse sind nicht nur diesbezüglich antiquiert. Wir sind unserer technologischen Wirklichkeit schon längst inadäquat. Das betrifft nicht nur unser Denken und unsere Moral, das betrifft auch längst schon unsere politischen wie kulturellen Institutionen. Und unser medial gewaschenes Hirn vermag schier gar kein Geschichtsbewusstsein mehr aufzubringen, vor allem nicht, was die Debatten und Diskurse der vergangenen Jahrzehnte angeht. Z.B. ist Michail Gorbatschows Forderung nach "neuem Denken", die eine Zeitlang in aller Munde war, vollkommen von der Tagesordnung und vom gegenwärtigen Bewusstsein verschwunden. Das gegenwärtige ist das öffentliche, das medial vermittelte oder medien gemachte Bewusstsein. Und so frage ich mich selbst allen Ernstes, ob ich mich an Michail Gorbatschows "Neues Denken" erinnern könnte, wenn es vor meiner Geburt läge. Mit anderen Worten: man kann doch den Millenials nicht verübeln, dass sie nicht wissen, was sich Mitte bis Ende der 80er Jahre des 20. Jhs. abspielte und diskutiert wurde. War da am himmlischen Horizont irgendwo kurz die Sternschnuppe einer global vereinten Menschheit zu erblicken, und was durfte man sich nicht alles wünschen angesichts der Berichte des Club of Rome und GLOBAL 2000, des Berichts an den us-amerikanischen Präsidenten, wenn man diese Sternschnuppe gesehen hatte? Was vor kurzem noch als unmöglich galt: die Auflösung der Blöcke und die Vereinigung der Menschheit im Interesse eines stark gefährdeten Planeten, schienen möglich zu werden! Rund vierzig Jahre später können Nationalismus, Militarismus und Rassismus so diskutiert werden wie am Vorabend des ersten Weltkrieges.
Eine radikale Trennung von Rasse, Ethnie und Kultur und die Überwindung nationalen Denkens und der nationalen Politilk erscheinen mir um der Freiheit Willen notwendiger als denn je. Meine Ausführungen dazu beginnen aber auch erst jetzt mit dem Gedankenstrich 76. Warum so spät, werden Sie sich vielleicht fragen. Das habe ich mich natürlich auch gefragt, obwohl ich die Antwort in jeder Zelle meines Körpers längst schon verspürte und kannte. Mit dem Gedankenstrich 77 versuche ich auch darauf einzugehen und die längst vorhandene Intuition zu verbalisieren.
Bis 365-Gedankenstriche kann dem Thema ja noch so manch ein Gedankenstrich gewidmet werden. Ich muss nicht alles in einer Nchricht aus dem Büro unterbringen. Ein Wort aber sollte auf jeden Fall jetzt schon fallen: Fassungslosigkeit.
09. April 2023, Ostersonntag
Für den Monat April habe ich die Tarot-Karte "Der Wagen" gezogen - die magische Sieben der Tarotkarten. Meine persönliche Identiäts- und Charakteristik-Karte ist für mich "Der Narr", die Null der Tarorkarten, worüber ich mir auch ein paar Gedanken in einer Email an eine sehr gute alte Freundin aus Studienzeiten gemacht habe. Sie schrieb mir, dass sie, angeregt durch mich, «es auch mal ausprobieren musste». Sie zog den "Magier" - die Eins der Tarotkarten. Es drängte sich mir natürlich auf, über die Null und die Eins im dualen System interpretierende Ausführungen zu verfassen. Doch darum soll es nun nicht gehen; diese Ausführungen könnten einen Gedankenstrich ergeben, der seine Vorstufe in der persönlichen Email gefunden hat. Es geht, kurz gesagt, um das Spannungverhältnis zwischen Freunden, die ihren Platz im Establishment gefunden haben und dem frei schwebenden Dichter und Narren, der das klassische Muster in der Freundschaft zwischen Hegel, Schelling und Hölderlin sieht, wobei meine Freunde deutlich bessere Freunde sind, als Schelling und Hegel je Hölderlin gegenüber gewesen sind.
Das bringt mich doch tatsächlich auf die Idee, im SOKRATES-Roman einige Folgen über die Freundschaft dieser beiden Etablierten gegenüber Hölderlin zu schreiben. Aber momentan bin ich bei der Folge 561 und mir gehen unabhängig davon Dialogfragmente zwischen dem KFZ-Mann Ali und Ördek durch den Kopf. Die Gespensternacht ist um; am Tage verlieren die Schatten ihre Macht und gehen in Licht auf. Da fährt Ördek mit dem Mercedes T Kombi auf den Hof. Der Zusammenstoß mit Gaston de Pawlowski, dem Reisenden in die Vierte Dimension, hat am Auto keine Spuren hinterlassen. Ich schweife ab!
Gestern entdeckte ich etwas anderes: zu der allgemeinen Deutung des "Wagens VII" im Tarot: «Der Wagen verheißt einen freudigen Aufbruch, einen hoffnungsfrohen Neuanfang. Haben Sie den Mut, ausgetretene Pfade zu verlassen und zu neuen Ufern aufzubrechen! In der Liebe kann das die Überwindung alter Spannungen bedeuten» fand ich «Die größte Errungenschaft unseres Lebens besteht in der Befreiung von der Herrschaft unserer Ängste und in der Hingabe an unsere wahre Kraft, Schönheit und Größe». Der Wagen wird von einer schwarzen und einer weißen Sphinx gezogen und trotz des großartig herausgeputzten Aufbruchs scheint er still zu stehen.
Die "Errungenschaft" ist zunächst eine Herausforderung. Wie sagte es die Vollmond-Affirmation zum Steinbock so schön: «Gehe an deine Grenzen, um deine wahren Fähigkeiten zu erfahren...»? Nun denn, so breche ich auf zur Reise an die eigenen Grenzen! Ich überarbeite und sortiere das öffentliche Schreiben meiner Texte neu, schaue mir auch die liegengebliebenen Bereiche meiner Homepage an, lektoriere und verlinke. Vor fünf Jahren war ich an eine Stelle gelangt, in der HTML-Arbeit nicht im Geringsten mehr ging, ohne mich in die Depression zu stürzen. Nun bin ich an einem anderen Punkt in meinem Leben.