Uri Bülbül | Das Ästhetikum

 
 
 
 
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Gedankenstriche-Map


Auf der Suche nach einem Mittel der Wahrnehmung...

 Gedankenstrich 13

Ich bin Diogenes im Fass oder im Garten des Lüste, lasse Platon Akademiker und Kant Universitätsprofessor sein. Mein Reich ist nicht von dieser Welt! Dabei bin ich alles andere als ein Lebensverneiner oder ein Verächter des Leibes. Ebendarum kann ich kein Karrierist sein oder Selbstverleugner! Die von Nietzsche gerügte christliche Jenseitigkeit ist mir fern. Lass uns was trinken, was singen, was selig sein, denke ich mir mit den Worten eines deutschen Poeten zu Gitarre, den ich den munteren Poeten des Fleischlichen nannte, zu Studienzeiten, als ich seine Ballade von der Buckower Süßkirschenzeit interpretierte. Mein Professor kommentierte meine kleine Arbeit «Sie kommen aus einer dogmatischen Schule!»



«Ich möchte Ihnen ein Geschenk machen», sagte er und holte ein Buch aus seinem Bücherregal, «vielleicht lockert Sie das ja ein wenig auf». Mit diesen Worten drückte er mir «Panter, Tiger & Co» in die Hand. Ich hatte «Rheinsberg» gelesen, so verliebt und so weit von meiner Geliebten weg, dass ich mich sehr über das Geschenk freute. Ich habe erst viel später begriffen, dass mein Professor «nur» die Stelle eines Honorarprofessors bekleidete und gehört, dass er sich von der Universität abgewandt hatte und um «besser mit Menschen arbeiten zu können», Heilpraktiker wurde. Sein Aufsatz für moderne Lyrik hatte mich sehr gefesselt. Nun habe ich mich auch in einer Heilpraktikerschule für Psychotherapie angemeldet. Fünfunddreißig Jahre später! Für mich hat Lyrik ihre Sprachmagie nie verloren, doch scherzte ich bei einem Hundespaziergang vor wenigen Tagen: «Ich kann mir kein Elektroauto von Tesla leisten, ich schreibe nur Gedichte!» Gedichte, die nicht einmal elegisch werden, möchte ich hier ergänzen. Mir saß der Schmerz zwischen Brust und Bauch, drückte die ungeheure Trauer auf den Solar plexus, kein Schreien half beim Erwachen, keine Träne vermochte ich zur Befreiung vergießen, ich war seelisch paralysiert. Es musste wohl eine kosmische Strafe sein, die ich zu durchleiden hatte, um zu begreifen, wie sehr man - oder muss ich tatsächlich schreiben «wie sehr ein Mann»? an der Sein-Schein-Dialektik leiden kann. Ich erfuhr am eigenen Leib, wie es sich anfühlt, der innigst und leidenschaftlichst Geliebten nicht mehr zu vertrauen, obwohl man es so gerne möchte und bereit ist, alle Zeichen zu Hirngespinsten zu erklären, die sich einem mehr und mehr unübersehbar und unleugbar aufdrängen. Ihr ganzes Sein baut auf Schein! So kam es mir zumindest vor; umso weniger konnte ich vertrauen, je mehr ich liebte. Ich befand mich in einer paradoxen Falle. So wird die Liebe zur Dialektik, zum Zwang, zu Paranoia, zu einem dramatischen Eifersuchtsmord mit der Frage: hast du schon zu Nacht gebetet, Desdemona? Und das Fatale an der Paranoia ist, dass es zwei Opfer gibt. Der Paranoiker bringt den Menschen um, den er im wahrsten Sinne des Wortes wahnsinnig liebt, und der andere stirbt in Ahnungslosigkeit. Eine Liebestragödie.

 Gedankenstrich 14

Gedankenstrich 14 - kulturphilosophische Betrachtung in mehreren Teilen. Teil 1:

Ich schreibe an «Muskottchen» @Schlagtot, der die Freiheit genauso begreift und definiert, wie ich nicht anders kann, als zu widersprechen, im Zusammenhang ob jemand exakt dieselben Gedanken in derselben Sprache sogar mit dem selben Dialekt ausdrücke wie ich, weil ich ihn verdächtige, dass er mir eine Reinkarnationsreligion unterjubeln oder unterstellen will:

«Nun sammle ich deine Namen. IN FRAGRANTI - du hast mich mit der Katachrese der sprechenden Gedanken erwischt! Du holst den Straßenphilosophen aus der Gosse auf die Königstraße, wo das germanistische Institut residiert; Doch die Königstraße ist kein Königsweg! Ich sehe andernorts das BLAUE PALAIS!» Ich spiele mit dem Gedanken, wie es wäre, wenn ich durch meine Spinnereien... äh... Spielereien! Hölderlin am nächsten käme von allen, die versucht haben, ihn zu verstehen. Hölderle und ich Urile, der Hölderling, philosophieren in derselben Frequenz in der Vierten Dimension! Schwäbelnd begreifen wir, was uns ergreift. Hölderle und ich! Obendrein habe ich meine Kindheit und frühe Jugend in Waiblingen verbracht; Waiblinger hieß der Dichter, der Hölderlin im Türmchen immer mal besucht hat! Alles deutet daraufhin, dass ich Hölderling bin und IN FRAGRANTI alias Muskottchen alias Max Melley alias Señor Granolor mir auf die Schliche gekommen ist. Ein Satansbraten dieser @Schlagtot mit tausend Namen, alle Trademarks! Er definiert also Freiheit, dass ich sofort den Hölderlinghammer schwingen muss:

«Freiheit oder Sicherheit? Was kommt zuerst? yihab54326
Muskottchen:
Sicherheit ohne Freiheit ist ein Leben in Einzelhaft, Freiheit ohne Sicherheit ist der Hase im Tigergehege. Beides nicht ganz so toll bzw. ziemlich gleich kacke, oder? Welcher Pol ist bei einem Magneten wichtiger? Zuerst kommt die Nukleare Interkontinentalrakete, dann ziehen Freiheit und Sicherheit automatisch mit ein. Hat Ronny mir so beigebracht!»
Was schreibt er da? Freiheit ohne Sicherheit sei der Hase im Tigergehege? Ja, Potzblitz, da geht zum Donnerwetter der Schwabe mit mir durch bis nach Tübingen über Waiblingen und wieder zurück in den Pott, wo nichts mehr kocht, ja hol mich doch der Waiblinger! Okay, ich fasse mich, hole tief Luft und formuliere alles mal ganz sachlich, für mein Muskottchen fein: Liebes Musskottchen, schätze deinen Zynismus, der den der Welt wiedergibt: so manch ein westlicher Fanatiker, der einfach von Freiheit schwafelte, Geld, Konsum, Glitter und Glitzer, Neonlicht, Glücksspiel, Konsumwahn kurzum: Las Vegas meinte, hatte den ehrgeizigen und schier genialen Plan: die Sowjetunion und ihr Imperium totzurüsten. Wenn du von «Ronny» sprichst, meinst du doch nicht etwa Ronald Reagan, an den ich sofort denken muss, der mit seinen Militärs solche Sprüche klopfte wie, dass man mit den Pershing II Raketen dem sowjetischen Huhn den Kopf abschlagen könne? Starwars-SDI-Pläne entstehen...


 Gedankenstrich 15

kulturphilosophische Betrachtung in mehreren Teilen. Teil 2:

Anfang der 1980er Jahre, die Welt steht am Abgrund, und es ist ein sowjetischer Oberst, der nicht richtig funktioniert, menschlich handelt und nicht den Atomkrieg auslöst! Einen Friedensnobeldelanoblessepreis haben andere bekommen! Der Grund dafür ist ein kultureller: uns fehlt ein jegliches Gefühl für eine positive Lebenskulturphilosophie. Unsere Ansichten hierzu erschöpfen sich in «schöner wohnen»! Und dementsprechend fallen auch deine Äußerungen zur Freiheit aus. Freiheit und Sicherheit sind nicht zwei Seiten einer Medaille, soweit wirst du, glaube ich, mir zustimmen; denn das andere hätte uns Ronny beigebracht. Freiheit und Sicherheit sind eins: so verstehe ich auch deine Magnetmetapher. Wir können es zerteilen, wie wir wollen, selbst die Elementarmagnetchen bleiben bipolar. Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit - nicht in jene, was Menschen konventionell für notwendig halten, denn das ist eben nicht frei, sondern was das Leben für Vitalität und Wachstum benötigt. Notwendigkeit kann ich auch im technischen Sinne beschreiben: wer Motorrad fahren will, muss, es anlassen und damit fahren können. Die Fahrerlaubnis sei mal als Konvention dahin gestellt. Aber wer ein Motorrad nicht bedienen kann, nicht weiß, wo die Kupplung ist, die Bremse, die Gangschaltung, wer nicht Zweirad fahren kann, hat die Freiheit nicht, Motorrad zu fahren. Erst kommt das Erlernen der Technik, was der Einsichtgewinnung in die Notwendigkeiten gleichkommt. Dann kommt die Freiheit zur Fahrt. Mit allem in der Welt und im Leben ist es so. Wer die Regeln der Welt, der Natur, des Lebens, des Universums nicht versteht, bleibt restringiert und dementsprechend beschränkt, was der Freiheit im Wege steht, wie den Tigern in deinem Beispiel das Gehege. Eines haben Tiger und Häschen gemein: sie sind im Gehege unfrei, aber das Häschen passt vielleicht unter dem Zaun durch und dreht den Tigern eine Nase, wenn es die Notwendigkeit erkennt, Einsicht zeigt, wie Entkommen funktionieren kann ;) Wenn es aber panisch vor Angst erstarrt, wird das Problem größer. Freiheit, Einsicht in die Notwendigkeit und Angst schließen sich aus. Die Angst verstellt uns den Blick und macht uns zu Opfern und Sklaven. Die erste Einsicht zur Befreiung ist also die Überwindung der Angst, die sich im Kopf abspielt, indem man sich ausmalt, was alles passieren kann oder unweigerlich passieren wird. Gefahren sind äußerlich und tatsächlich vorhanden, aber wie heißt es so schön: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt! Auch hier geht nichts über die Erkenntnis. So ist auch «Einsicht» gemeint. Sie ist nicht die Beugung des Subjekts vor der normativen Kraft des Faktischen, sondern das Verstehen, das benötigt wird, das Faktische zu überwinden und neue Fakten zu schaffen. Ein bißchen war das Versprechen des Marxismus so, dass das Verstehen ökonomischer Regeln zur Einsicht und diese wiederum zur Freiheit führen sollte. Aber die Welt ist tief, tiefer als der Tag gedacht, weshalb die marxistischen Scholare elendig scheiterten.

 Gedankenstrich 16

Ich variiere den Satz aus der Antwort an Simona: Und wunderbar fügt sich Sein um Sein zu einem kosmischen Bild zusammen. Und eines sticht klar hervor: es gibt beseeltes und unbeseeltes Sein, ersteres lebt, letzteres nicht. Ich halte es nicht für pragmatisch gegeben, allem Sein Beseeltheit zuzusprechen. Denn die Seele ist das Besondere des Lebens, wo die Seele entweicht, stirbt die Materie. Seele und Leben sind eins. Die Sprache, in der ich diese Dinge formuliere, erweckt zum einen Inhalt, also Bedeutung, die Intension der Aussagen; sie erweckt aber auch Widerspruch und Assoziationen zu neuen Bedeutungen und zu Variationen der gegebenen Intension, aber auch Möglichkeiten, die gegebene Intension anders und womöglich mit anderen Worten besser zu formulieren. Das alles ist das Geschäft der Philosophie. Das macht ihre Tradition aus, ihren Alltag, prägt Gepflogenheiten und Verhaltensmuster, verleiht den Menschen, die sich damit beschäftigen oder die Philosophie selbst betreiben ihren Habitus. Natürlich gibt es noch viel mehr philosophische Tätigkeiten, ich habe sie nicht alle aufgezählt. Selten geht es mir um Vollständigkeit, dazu habe ich viel zu großen Respekt vor der Komplexität und Vielfalt der Möglichkeiten. Aber zurück zur Antwort an Simona, die höchstwahrscheinlich Kant und dessen kategorischen Imperativ hören wollte. Das stört mich etwas an Simona: sie stellt oft Fragen, die den Beigeschmack der Geschlossenheit haben. Sie möchte auf etwas bestimmtes hinaus. Die Welt aber soll sein, alles, was der Fall ist, ich aber ich kenne und sehe auch Unfälle. Ich hätte nach meinem Dramulett, in dem Ophelia mit Hermes auf dem Weg in die Unterwelt ist, ein weiteres mit Hamlet und Hermes schreiben müssen. «Vergiftet die Degenspitze! Vergiftet der Wein als Siegestrunk! Es ist etwas faul im Staate Dänemark, dass so viel Gift fließen muss wie es Blut in den Adern schier nicht gibt. Ich stach ihn nieder den ministerialen Lump, dessen Tochter ich fast gefeit. "Ihr seid von Sinnen, edler Prinz", sagt er, will mich für verrückt erklären und Hermes fragt: «Warum erzählt ihr mir das alles? Öde Geschichten! Der tanzende Stern verlischt zwischen den Beinen einer Frau. So ist der Lauf der Welt, der Fluss der Dinge! Gegenüber dem Leben ist die Vernunft machtlos. Mach dir Gedanken, so viel du willst, grüble den ganzen Tag! Am Ende ist es schöner in einem Saufgelag'!» Das könnte ich meinem Hermes, der die Seelen der Toten in den Hades begleitet, bis er sie am Fluss Styx Charon, dem Fährmann, übergibt. «Ich höre ein leises Plätschern und Knarren... aber nichts regt sich!», sagt meine Ophelia. Was bleibt hier zu tun übrig? Irrtümer können zu Endgültigem führen. Die Spekulationen der Seelen der Verstorbenen sind doch nur Literatur, weil das Leben nie enden will; alle Lust will Ewigkeit. Doch was soll nun die «tiefe, tiefe Ewigkeit» sein? Was hat das Attribut 'tief' im Zusammenhang mit Ewigkeit zu bedeuten? Eine Lustethik sollte auf diese Frage eine Antwort wissen.

 Gedankenstrich 17

Die Hölle mag zufrieren und die Grünen auf blinden Aktionismus verzichten, ich aber werde niemals, niemals, wirklich niemals...


Hey Ronald Atomic Pepper! Jetzt habe ich auch einen Namen für dich. Mach Trade Mark daraus! Sag niemals nie... heißt es doch so schön, gilt das auch dafür, dass man niemals niemals sagen sollte? Ich habe einen Professor in Philosophie in Stuttgart gehabt, und wir begegneten uns in Bonn an der Universität wieder. Er war ein ausgezeichneter Nietzsche-Interpret. Von ihm habe ich eine Menge gelernt. Ich bin und bleibe ein Bewunderer seiner Arbeiten, nun aber bewundere ich eine Arbeit von ihm, der ich widersprechen muss. Sag niemals, dass Bewunderung und Gegenposition sich ausschließen! Machen wir mal aus deinen Sätzen in der Frage eine ordentliche Implikation der dritten Art: Hölle gibt es nicht, und Aktionismus ist immer blind! Also kombiniere ich messerscharf: Wenn die Hölle zufriert, werden die Grünen auf blinden Aktionismus verzichten. So wird aus einem Pleonasmus eine contradictio in adjecto: Dann betreiben die Blinden nur noch grünen Aktionismus! :)))
Alter Mann lacht über seine eigenen Witze am lautesten, weil andere ihn schon nicht mehr verstehen, deshalb: :)))Eigentlich ist doch diese Antwort mit deiner Frage kombiniert schon wieder ein Gedankenstrich und muss in das Gedankenstriche-Buch! Die Urheberrechte in einem Interview verteilen sich 50:50! Da ohne eine (gute) Frage, es keine Antwort gäbe! Ich habe mal vorsichtshalber das Adjektiv etwas in Parenthese gesetzt. Aber schau dir mal meine bröckelnde Rhetorik an: ...etwas in Parenthese gesetzt... «etwas» als quantifizierendes Adverbium: bitte nur eine Klammer am Anfang und eine am Ende der Umklammerung! Klammern Sie Ihre Aussage nur etwas ein, nicht zu sehr! Ja, wo geht es denn da zur Kreuzigung? Dort links; hier geht es zur Steinigung! Danke schön! So geht ein Minidramulett! Die Grünen wurden aus verschiedenen Strömungen ein parlamentarischer Strom und im konsequenten nächsten Schritt kanalisiert. Ich habe gestern einen Kugelschreiber geschenkt bekommen als Mitbringsel aus dem Kalle-Haus in Trier und viele Postkarten mit Merksätzchen für angehende linksradikale Reformer... Ich mache Dir ein Foto, damit du es mir glaubst! Der Kugelschreiber, damit ich meine romantischen Thesen radikalisieren kann: «Von der Blauen Blume zur roten Nelke - Die Radikalisierung in Uri Bülbüls Rhizomatischen Transzendentalphilosophie. Eine Bachelor-Arbeit für jedwedes zukünftiges Philosophiestudium». Ja, es gibt, Leute, die denken an mich, wenn sie das Karl Marx Haus besuchen; sie wissen eben noch nicht, dass ich es besser fände, wenn sie mit mir statt an mich dächten! Das ist die nächste Stufe der evolutionären Entwicklung vom Menschen zum Neuen Menschen! Merkst du Lenins Einfluss auf mich? Der Mensch ist etwas, was überwunden werden muss! Nein, ist nicht von Lenin, auch nicht von Sloterdijk, habe seine «Regeln für den Menschenpark im Regal», ist vom guten Friedrich, dessen Trunknes Liedchen von meinem Prof anders interpretiert wird als von mir und es geht um die Frage: «Wer spricht in direkter Rede?»

 Gedankenstrich 18

Eine skizzierte Erkenntnistheorie, die der Umständlichkeiten nicht bedarf, keine transzendentalphilosophischen Bände und Regale füllen muss...

Inklusive ein- und ausleitender Worte, so das ehrgeizige Ziel, müssen 3000 Zeichen reichen! Und wer es immer noch nicht begriffen hat: Leerzeichen sind auch Zeichen und werden mitgezählt! Ausgangspunkt dieser erkenntnistheoretischen Skizze ist die Dialektik, in der Schulweisheit Hegel zugeschrieben. Ob ich Schopenhauer untreu werde, wenn ich Hegels Philosophie und die wunderbaren Sätze darin als Poesie betrachte? Sie geben der Dialektik eine Sprache mit Rhythmus, Melodie, Musik! Ich brauche hier nur die Intension der Aussage über die Dialektik, womit ich mit diesem Schritt der Poesie untreu werde, es ist ein kurzes Stampfen im Gedankentanz!

Das Subjekt steht seinem Objekt in seinem Bewusstsein gegenüber, es nimmt sich selbst als Wahrnehmendes und das Objekt als Wahrgenommenes wahr. Subjekt und Objekt sind antithetisch. Ebenso die Subjekte untereinander. Jedes Subjekt ist dem anderen Subjekt ein Objekt! Es ist ein Anderes! Wie das Objekt an sich ist, ist für das Subjekt insofern wichtig, als es sich über das Objekt als sein Gegenüber nicht täuschen möchte. Jede Täuschung kann verletzend sein, also ist das Streben nach Wahrheit, also nach zutreffenden Aussagen, Erkenntnissen über das Objekt, für das Subjekt existenziell wie standpunktabhängig. Jedes Subjekt hat eine Perspektive, es hat keine Froschaugen, um rundherum um seinen Kopf, sein Gesicht und Gesichtsfeld im Kreis oder in der Kugel zu sehen - selbst das würde die Standpunktabhängigkeit nicht aufheben. Das Subjekt konstruiert aus seiner Perspektive sein Objekt, seinen Gegenstand, als Phänomen und vervollständigt alle Teile, die sich seinem Gesichtsfeld entziehen, aber einholbar sind, wenn das Subjekt oder ein Objekt oder beide ihre Standpunkte verändern. Z.B. in der Nacht, in der Ferne auf Schienen zwei Scheinwerfer vor dem Subjekt. Das ist ein Phänomen eines herannahenden Zuges und für das Subjekt existenziell selbst von den Schienen zu gehen. Auf der Straße geht das Subjekt vom Phänomen eines herannahenden Autos aus und erwartet keinen Zug, was für die Einschätzung der Gefahr, Geschwindigkeit, des Bremsweges bedeutend und für das Subjekt existenziell ist, aber auch zu der Handlungskonsequenz führt: ausweichen! Subjekt-Objekt bilden eine existentielle Einheit im Phänomen. Sie stehen dialektisch auf derselben Stufe. Das ganze antithetische Spannungsfeld zwischen ihnen führt über das Phänomen zur Wirklichkeit. Wirklich ist, was wirkt, Wirksamkeit gewinnt. Zwei Lichtpunkte in der Ferne gewinnen Wirksamkeit, indem sie als Phänomen und handlungsrelevant gedeutet werden. Auch Unterlassungen sind Handlungen. Damit ist die Wirklichkeit die dialektische Synthese, in der der Antagonismus von Subjekt-Objekt dreifach aufgehoben ist: 1.aufbewahrt, 2. höher gehoben auf ein neues qualitatives Niveau, 3. aufgelöst. Jedes Subjekt hat seine Perspektive, ohne dass damit Wirklichkeit und Aussagen darüber (Wahrheit) preisgegeben werden. Wirklichkeit ist subjektiv und objektiv zugleich.

 Zwischenfrage

Uri - ich könnte dir Geschichten erzählen, nein: ich HABE hier eine lange Geschichte geschrieben über meine Schule, mein Aufbegehren und meine Lehren - alles gelöscht. Du hast recht, das System stinkt und ich danke eher manchem Lehrer, der mich anschrie - "DENK, MENSCH!!!".


Ich bitte darum! Nicht nur dass du die Geschichten erzählen könntest! Ich möchte die Geschichten tatsächlich lesen! Ich weiß nicht, wie lange deine Geschichte über deine Schule war? Länger als 3000 Zeichen? «alles gelöscht» klingt zumindest danach! Du hast also diesem System hier vertraut und wurdest enttäuscht! Das ist nicht schlimm, das wurde ich auch schon! Vielleicht müssen wir irgendwann auch zur Buchform zurück. Wer gedruckte Bücher in der Hand hält, kann sie nicht auf der Parkbank vergessen! Und Bücher zu vernichten, erzeugt wenigstens Wärme. Ich bin ein Skeptiker - auch des Mediums Buch wie digital! Nichts bleibt! Von Hethitisch ganz zu schweigen - auch Platons Sprache gehört schon dem Tod an! Alles ist vergänglich, auch wenn alle Lust tiefe, tiefe Ewigkeit will. Ich kenne das Gefühl vor dem Bildschirm zu sitzen bei entschwundenem Text. Wenn du das Gefühl überwunden hast, dass du es nicht hättest besser formulieren können und niemals mehr genauso gut formulieren können wirst, schreibst du neu und sicherst besser ab. Wir brauchen Schulgeschichten! Ich kann es nicht anders sagen: Schülervertretungen, Schülerzeitungen, Lehrerberichte immer doch! Dieses System muss an mehreren Fronten überwunden werden: Schule, Militarismus, Wirtschaft, Medizin und Technokratie, um nur einige zu nennen. Schweigen gilt nicht! Aber selbstverständlich hast du recht, dass es immer und überall Menschen gibt, die durch die Technokratie und den Apparat nicht komplett zerstört und gebrochen sind. Also gibt es Lehrer, Richter, Polizisten, Soldaten, Ärzte, die einen ermutigen und beeindrucken können. Sonst wäre ein Leben auch wirklich schier nicht mehr möglich. Ich habe mir überlegt, ob ich unsere Gesellschaft für Kulturelle Bildung nicht «Gesellschaft zur Verteidigung des Ästhetischen» nennen will. Nein, es ist zu defensiv. Ich will nicht nur verteidigen! Ich will das Ästhetische wachsen und um sich greifen sehen! Gesellschaft zum Schutze und zur Förderung der Kunst als Lebensform! Das kommt meinem Verständnis von Kulturarbeit und Kultureller Bildung nahe. Was hältst du davon? Dazu gehört auch, was ich bewusst etwas schwerfällig formuliert habe: «Ohne Schule Lernen denken!» Wenn ich provokativ sage, dass ich die Schule abschaffen will, ernte ich immer dieselbe Reaktion: «Was?! Du willst Analphabetismus und Unwissenheit?! Keine Bildung? Keine Aufklärung?» Nun ja, sagen wir es mal so: was euch die Schule an Verstand beigebracht bzw. abtrainiert hat, sieht man doch: Schon in meiner Formel steckt Lernen positiv und negativ ist, dass das Lernen ohne Schule denkbar werden soll. Aber die Schule hat die Hirne soweit infiltriert, dass ohne sie Lernen nicht denkbar erscheint! Herzlichen Glückwunsch an die Moderne! Siegreicher kann man die Aufklärung nicht in ihr Gegenteil verkehren! Und jenseits der Schulweisheit bleibt für diese Aufgeklärten nur Spuk und Humbuk frei nach Shakespeare. Also müssen wir zur Sprache bringen, was verschwiegen und mundtot gemacht wird. Also erzähl!



Oh ja, das haben wir - wir als Menschheit! Ein technologisches, zivilisatorisches, politisches, kulturelles, wirtschaftliches Problem als Knäuel. Und ob wir es gelöst bekommen, ist mehr als fraglich. Aber es wäre sehr elend und schäbig, nicht alles dafür zu tun, was man für richtig hält. Kopf in den Sand mit einem Weiter-so! ist jedenfalls nicht richtig.

Der Eistanz auf dem Ölberg

Wenn unsere Probleme also einen gordischen Knoten formen, sollen wir uns fragen, wer uns das Schwert reicht oder lieber die nächstbeste Klinge suchen? Oder den Knoten ergeben hinnehmen und erstmal schön angrillen?




Schau an! Da versucht mich das Stinktier in dir aufs Glatteis zu locken! Wer Probleme schnell und kurzfristig lösen möchte, neigt natürlich schnell zu faschistoiden und autoritären Lösungsversuchen. Aber diese Versuche haben keine Chance, sind auch keine Lösung, sondern Teile und Produkte des Problems - alles verknotet sich noch viel mehr. Meine Behauptung, dass dein Stinktier mich aufs Glatteis zu locken versucht, rührt daher, da du von einem gordischen Knoten sprichst und in dieser Metapher das Schwert schon angelegt ist. Damit sind wir schon autoritär und faschistoid. Ich als Anarchist und Kommunist, was eigentlich wesentlich zusammengehört und im Grunde ein und dasselbe ist, nur, dass der Anarchist auf die Herrschaftsverhältnisse rekurriert und Kommunist auf die Besitzverhältnisse, -ich sympathisiere durchaus mit einem solchen Hippie wie Jesus, ohne den christlichen Teil, der mythologisiert, mitzumachen! «Wer das Schwert erhebt, wird durch das Schwert umkommen!» Anders gesagt: mit dem Schwert zerstörst du sofort dein Anliegen. Bei mir wird weder gegrillt noch wird das von wem auch immer gereichte Schwert genommen - ich bin mir nicht einmal sicher, ob das Bild des Knotens überhaupt geschickt gewählt war, denn es kam ja von mir, während du das Gordische hinzugedichtet hast - denn der aufgelöste Knoten führt nicht zum Netz, sondern zum linearen Faden. Ich aber, wahrlich ich sage euch: das Rhizom ist die neue Logikstruktur und nicht der Baum und nicht der Faden! Hey, ich liebe diesen Hippie und seine Ausdrucksweise - gib mir einen Ölberg und ein paar Jüngerinnen und Jünger! Und dann sage ich denen, zieht in die Welt: ich heiße euch Menschenfischer werden und vernetzt euch alle im Rhizom! Habe mir das Attribut "heilig" jetzt echt verkneifen müssen - ich will keine Sekte, keine Kirche, keine Organisation in Form von Institution! Und ein Zentrum brauche ich auch nicht und muss auch nicht im Mittelpunkt stehen. Dezentrale Vitalität, die die Moderne ablöst - das wünsche ich mir! Gestern habe ich mich noch mit unserem Praktikanten beim Teechen darüber unterhalten, ob der Ausdruck «Postmodernismus» nicht ein Widerspruch in sich sei. Aber ja, doch! Alle -ismen gehören der Moderne an und die Moderne ist das hochtechnisierte Mittelalter, daher die Antiquiertheit des Menschen, wenn wir mal an Anders denken ;) Die Wahrheit liegt im Leben jenseits der Sprache, dieses Leben müssen wir hinter Begriffen und Zeichen berühren, da überschneiden sich Hölderlin und Antonin Artaud! Das ist das Ergebnis meines Gedankentanzes - natürlich mit Worten ausgeführt - ich könnte auch ein Eiskunstläufer werden, wenn mir öfter solche Fallen gestellt werden wie von dir! Aber nun wirst du sagen: schön geredet und keine Lösung angeboten. Aber ja, doch klar habe ich eine Lösung angeboten: Suche das Leben und das Lebendige, nie das Starre und Todbringende! Eine geile Kommune im Garten Gethsemane ist nicht das Falscheste, wenn die Leute freiwillig und lüstern Halleluja rufen :)))


Nichts gegen die Gosse - Franz-Josef Wagner kommt daher und Mozart hat in ihr gelegen. James Baldwin hat sie hervorgebracht wie tausende weitere Helden. Das blaue Palais war mir bisher unbekannt (zur Erstausstrahlung war ich noch nicht einmal auf der Welt), daher danke für den Tipp! Niemand hat die Absicht in schwäbischem Dialekt zu denken - wenn auch pragmatisch, effizient, sparsam und bodenständig so doch humorlos, unkultiviert, schnörkellos und zu prinzipientreu. Fast ein bisschen wie - ja, genau wie Metzingen, um nochmal auf Herrn Gernhardt zu kommen. Nun wollte ich weit ausholen und dich mit meinem Sammelband Quantenphilosophie (Spektrum Verlag) erquicken, jedoch ist dies in der Vergangenheit verschollen und von mir ohnehin nie vollständig verstanden. Fand im Internet ein Buch mit dem monumentalen Titel "Relativer Quantenquark". Und das ist mE die beste und endgültige Zusammenfassung der Fragen nach dem Sinn des Lebens, der Zukunft und Vergangenheit der Menschheit sowie die abschließende Bewertung von Pizza mit Ananas. Gönn dir einen wohlverdienten Spaziergang - vielleicht zur Abwechslung mit Schrödingers Hund? - auf der Königsstraße und pfeif dazu etwas. Wie wärs mit Wagner?

 Gedankenstrich 19



Was für eine Herausforderung! Was für eine Last! Was für ein Ballast! Ich kann ihn nicht über Bord werfen, um mit Leichtigkeit davon zu fliegen. Ich kann ihn nicht vergessen, nicht ignorieren, nicht so tun als wäre der Platz nie erzeugt, nicht angeboten, vielleicht als freundschaftliche Ermunterung gemeint. Vielleicht nicht ganz ohne Bewunderung, zumindest Respekt. Verschweigen wäre undankbar, sich darauf einlassen eitel! Als könnte ich Gedankenkunstwerke schaffen! Gedankenstriche, ja! Gedankenkunstwerke, nein. Nicht im implizierten Sinne der besonderen Schönheit und Genialität! Schon die Frage enthält Schnörkel, Schmuck, will den Gedanken zum Artefakt machen! Meine Gedankenbewegungen, die ich "Gedankentanz" nenne, sind womöglich aus der Not geboren, oder aus einer empfundenen Notwendigkeit. Eine, die rein innerlich ist, meinem subjektiven Cogito angehörig. Aber gibt es ein Subjektives, das sich dem Objektiven ganz entziehen kann? Eine absolute Innerlichkeit? Ich will das Wort "reine" meiden! Eine "absolute, reine Innerlichkeit"? Das "reine" eröffnet den Abgrund ins Moralische, Moralisierende, als würde die Objektwelt das Subjekt "beschmutzen" und als wäre das Subjekt in seiner absoluten Abgeschiedenheit, in seiner hermetischen Isoliertheit, rein und unbefleckt. Vielleicht ist es wichtig, diesen Gedanken einmal auszusprechen, um auf einen Punkt der Genieästhetik zu kommen, in dem der subjektive Ursprung der Kunstwerke moralisch überhöht und idealisiert wird wie die Jungfräulichkeit der Bräute! Erst langsam, zu langsam! Beginnen wir uns, von diesen Moralismen zu lösen. Jungfräulich in die Ehe kann als Wert tendenziell mehrheitlich bezweifelt werden, die Ursprünglichkeit der Genialität eines Kunstwerks aus dem hermetisch isolierten tiefsten Innern des Subjekts stellt noch einen Wert dar. Das ist ein Teil der Ideologie des Kunstfeudalismus, den ich für inhuman, undemokratisch, elitär und ungerecht halte. Dabei glaube ich durchaus, dass Menschen unterschiedlich talentiert sein können, aber ebenso glaube ich, dass jedes Individuum völlig wertfrei seinen Neigungen entsprechend seinen Platz in der Gesellschaft finden kann, wenn es eine solche Gesellschaft gäbe, die das zuließe! Wir aber hierarchisieren. Und Genialität steht oben und ist das Produkt eines Ursprungs aus der hermetisch isolierten tiefen Innerlichkeit des Subjekts, das ausschließlich aus sich schöpft, ohne auf seine Umgebung zu greifen. Es ist eine Fiktion, um die Individuen daran zu hindern, ihre kreativen Potenziale zu entdecken, zu erfahren und erfahrbar zu machen. "Was bildest du dir ein, ein Künstler oder gar ein genialer Künstler zu sein?" Auf diese lähmende Frage will die Gesellschaft hinaus. Das ist ein Teil des Normdrucks, der erzeugt wird, um die vielen kleinen Rädchen der Maschinerie zu erzeugen, die den Apparat bilden, der jedem Individuum übergeordnet ist. Demgegenüber tritt jemand mit Hut, Filz und Fett und sagt: jeder Mensch ist Künstler. Ist nicht jeder Gedanke ein Kunstwerk?

 Gedankenstrich 20

Nun sammle ich deine Namen. IN FRAGRANTI - du hast mich mit der Katachrese der sprechenden Gedanken erwischt! Du holst den Straßenphilosophen aus der Gosse auf die Königstraße, wo das germanistische Institut residiert; Doch die Königstraße ist kein Königsweg! Ich sehe andernorts das BLAUE PALAIS!

Auf diese Frage hast du nicht geantwortet, @Schlagtot! Also antworte ich mir selbst, denn du hießest ja auch nicht Antwortobaldo, sondern IN FRAGRANTI! Warum also sollte ich nicht ein von dir angeregtes Selbstgespräch führen? Autopoesis nenne ich das mal. Aber du bist am Schöpfungsakt des Ich beteiligt als Nicht-Ich. Du bist da, auch wenn ich mit mir selbst rede, rede ich mit dir! Und wenn du von nun an ewig schwiegest, was ich nicht hoffe! Wäre ich dennoch nicht allein. Das Ich ist kein Soliipse - nie gewesen! Das Cogito-Narrativ lügt! So treibt man Menschen in eine erkenntnistheoretische Isolation, steckt sie geistig und seelisch in eine Zwangsjacke. Der Vorteil liegt auf der Hand: nur isolierte Individuen sind leicht beherrschbar! Das hat die bürgerliche Gesellschaft in der Moderne sehr gut hinbekommen! Aber wie verhalten sich nun Isolation und Vermassung zueinander? Es klingt so, als hätten wir es mit Gegensätzen oder mit einem Widerspruch zu tun! Dem ist aber nicht so! Das Zerschneiden der menschlichen Bande, nacktes wirtschaftliches Interesse und Vermassung bilden eine Einheit. Wenn wir Individualität und Isolation nicht mehr unterscheiden können, fallen wir der Vermassung anheim! Denn das Individuum schöpft seine Lebensenergie aus der Wärme der Gemeinschaft. Es ist nicht nur die Gemeinschaft mit anderen Menschen, sondern mit Lebewesen überhaupt. Mit Haustieren, mit Wildtieren, mit Naturphänomenen, wie Wind und Wetter, Sonnenschein, Sonnenuntergang am Strand, mit Bäumen, Wiesen, Blumen... und da beginnt so etwas wie ein Animismus, dass Menschen Wärme projizieren und zurückhalten wie von einem Wärme reflektierenden Spiegel. Ich denke da an Kuscheldecken, Kuscheltiere, die man so lieb hat wie Haustiere und so, als hätten diese ein Eigenleben und Eigenwärme. Gewiss ist der Animismus eher etwas Kindliches, aber wenn wir in uns hineinhorchen, werden wir dieses Kindliche auch immer in uns finden. Es kann sich ja auch womöglich bis zum Fetischismus steigern. Aber das widerspricht meiner These nicht! Das Individuum schöpft nicht hermetisch aus sich heraus, sondern sucht das Andere, das Äußere - nicht nur in der Erkenntnis das Objektive, sondern auch seelisch, emotional! Seine Gefühle kreisen nicht im hermetischen Strudel. Selbst Narziss sieht sein Spiegelbild im Wasser, erlebt sich in seiner Äußerlichkeit. So sehe ich im offenen Individuum eine Grundform, woraus sich andere Formen mäandern. Eigentlich wollte ich etwas über Gosse, Gasse, Straße schreiben. Ich wollte auch aus dem Manifest zitieren, jene Stelle, in der Marx/Engels über die Bourgeoisie schreiben und dass sie alle menschlichen Bande zerrissen habe. Aber na ja! Noch ist nicht aller Striche Ende.

 Gedankenstrich 21

Duke Skunk'em: Der letzte Satz sprengte alles - ist nicht jeder Gedanke ein Kunstwerk - das Fragezeichen muss dringend zum Ausrufezeichen gebügelt werden, den genau so ist es! Und die Gesellschaft, wen interessiert deren Meinung? 10 Menschen sind dümmer als 5!

Ja, da sagen Sie was, werter Duke! Ich setze mal mit Émile Durkheim an - dieser Gedankenstrich als Antwort darf nicht lange auf sich warten lassen: wir haben mit Individuum und Gesellschaft angefangen; mir ist wichtig festzuhalten, dass das Individuum nicht zu verwechseln ist mit einem als hermetisch isoliert gedachten und in die Isolation getriebenen Einzelwesen, das jedwede Immunität in sich gegen die Vermassung in seiner Isolation verliert. Ein Teil des Cogito-Narrativs besteht aus diesem Phänomen der kapitalistischen Gesellschaft mit der herrschenden Bourgeoisie! Die entsprechende Ideologie wird in jeden Kopf und in jede Seele eingepflanzt, womit das System das Individuum eliminiert. So weit, so Marx, kommen wir aber nun zu Émile Durkheim, der die Gesellschaft als eine eigene Entität ausgemacht hat, so dass wir aufhören können uns die Gesellschaft als die Summe ihrer Mitglieder zu denken. Sozialwissenschaft wird dort erst richtig möglich, wo erkannt ist, dass sie Gesellschaft ein eigenes und eigenartiges Wesen hat. Die Eingangsbemerkung von Ihnen kann mich nicht im Mindesten beruhigen. Ja, die Gruppe von 10 Menschen ist dümmer als die Gruppe mit 5 Menschen, aber nein, es hängt nicht allein von der Anzahl der Mitglieder ab und die Dummheit wächst nicht linear, sondern exponentiell! Eine Gruppe mit 20 Menschen ist also nicht viermal dümmer als eine mit fünf Menschen; Gefahr und Macht, die von der Dummheit ausgeht, lässt sich schlecht quantifizieren. Die Meinung der Gesellschaft als öffentliche Meinung kann realitätsprägend sein. Wirklich ist, was die öffentliche Meinung für wirklich hält. Und nein, das lässt sich nicht als Hirngespinst und Spuk so schnell aus der Welt räumen wie bei einem Einzelwesen. Wenn die öffentliche Meinung sagt, dass der Kaiser neue Kleider und die schönsten trägt, werden Eltern und Lehrer dafür abgestraft, dass ein unerzogenes freches Wesen vorlaut etwas anderes behauptet und der Kaiser überhaupt keine Kleider trägt. Und schon mal etwas davon gehört, dass Gruppenzwang auch Wahrnehmungen induzieren, Krankheiten evozieren und Massenpsychose auslösen kann? Wer der öffentlichen Meinung nicht entspricht, kann schnell diszipliniert oder isoliert und von Vorteilen der Vermassung ausgeschlossen werden. Schnell verliert man zum Beispiel Ansprüche auf soziale Mindestsicherung. Persönlichkeitsrechte und ähnliches! Wen also interessiert die Meinung der Gesellschaft? Sie muss jeden Menschen interessieren, der versucht, seine Individualität vor übergriffen der vermassenden Gesellschaft zu retten. Politisches Denken und Interesse sind kein Luxusgut des Zeitunglesens in der Bildungsschicht, sondern eigentlich eine vitale Notwendigkeit.

 Vor Gedankenstrich 22



Nein, es ist mir nicht möglich. Ich passe auch nicht in Babyklamotten. Ich bin gerne flexibel und auch bereit auf Fragen einzugehen und zu erläutern. Aber alles hat seine Grenzen. Der «Durchschnitts-User» ist eine gedankliche Fiktion. Wer mit mir einen ernsthaften Dialog sucht, findet schon zu mir und ich auch zu ihm. Ganz ohne Arroganz und Eitelkeit. In der Tat geht es mir um die Sache und um das Bestreben, meine Gedankengänge plausibel wie einsichtig darzustellen. Selbstverständlich muss alles so evident (klar und deutlich und einsichtig) wie möglich sein. Und selbstverständlich gelingt es mir nicht immer und nicht auf Anhieb. Konkrete Fragen auf Textstellen bezogen können da sehr hilfreich sein und viel zur Klärung beitragen. Deine Forderung begrenzt und überfordert mich nicht - sie ist einfach unsinnig, weil zu allgemein gehalten. Ist in deiner Frage «pseudo» nun ein Fremdwort und wenn ja, wem ist es fremd und warum hast du nicht darauf verzichtet, wenn du schon so einfach wie möglich schreiben möchtest oder dies von mir verlangst. Wobei ich sagen muss, da haben wir etwas gemeinsam: ich verlange das von mir auch! Aber die Arbeit ist nun einmal auch ein Prozess und nicht zuletzt ein Prozess der Klärung und Verdeutlichung in der Philosophie.In dem Moment, in dem ein Mensch sich auf den Weg macht, etwas verstehen und sich aneignen zu wollen, wird er in einen Dialog treten und in diesem Dialog verändern sich alle. Genau darauf kommt es an. Warum schreibe ich überhaupt auf ask? Darauf habe ich in einem Gedankenstrich bzw. in einem Zwischenspiel zu antworten versucht. Überall gibt es Menschen, die mich verstehen können und auch solche, die das nicht können. Vor einem akademisch (ein)gebildeten Publikum zu schreiben, hat den Vorteil, dass viele der Fachausdrücke verstanden werden, den Nachteil, dass dieses Publikum häufig mit dem Habitus auftritt: «Ich weiß auch was... ich was sogar mehr als du...» Die Diskussionen entsachlichen sich schnell und entwickeln eine eigene Dynamik der Eitelkeiten. Ich halte selten, aber auch Vorträge vor akademischem Publikum, habe keine Berührungsängste, aber ich kann nicht behaupten, dass es dort weniger Schwierigkeiten gibt. Natürlich werden meine Texte auch von akademisch gebildeten Personen wahrgenommen und manchmal kommentiert; ich bin für jeden sachlichen Hinweis dankbar. Jeder Dialog ist ein Gewinn. Die Zusammenhänge sind manchmal schwer zu begreifen, auch für mich selbst, es gibt neben den Oberflächenbezügen Verbindungen, die sich dem Blick vor allem dem geschulten Blick entziehen. Zum Schluss noch eine Sache: wer zwischen Pseudophilosophie und Philosophie unterscheidet, setzt ja voraus, was richtige Philosophie ist. Da wäre ich gespannt auf einen Gedankenstrich von dir. Verlinke mich, wenn du deine Gedanken dazu ausführst. So können wir den Dialog vertiefen. Ich möchte gerne eine eigene Plattform für solche und literarische Dialoge in Angriff nehmen, weil mich hier die Zensur zu sehr nervt. Verschwunden ist...

Gedankenstrich 22

Das entscheidende Wort, das alles sprengende in - 21, dass politisches Denken und Interesse kein Luxusgut seien, sondern ein vitales Interesse, ist: "eigentlich". Damit rückt alles in den Bereich einer irrealen Notwendigkeit. Was die öffentliche Meinung für Politik hält, ist Teil der Manipulation. Wo sich wirkliche Politik im wahrsten Sinne des Wortes, also als wirksame Politik abspielen kann, herrscht die Macht des Geldes und nicht die der Demokratie. Aus diesem Bereich sind wir ausgeschlossen. Wir können uns aber glücklich schätzen, dass wir unsere Gedanken frei kundtun können, wenn wir sie denn nur frei gedacht hätten! Unser Cogito ist ein auf Grund gelaufener Tanker - wir müssen uns erst im wahrsten Sinne des Wortes frei denken, um dann irgendwann festzustellen, dass wir auf den weiten Weltmeeren ganz allein schwimmen. Wehe dem, der jetzt in Seenot gerät! Ich möchte aber noch einmal auf die Zwischenfrage zurückkommen und darin auf die Wendung "einfache Leute". Individualpsychologisch die Strukturen ins Auge gefasst ist, niemand "einfach" im Sinne von schlicht. In diesem Sinne spricht man auch gerne davon, dass bestimmte Menschen grob gestrickt oder eben "einfach" gestrickt wären. Es gibt einen Bildungs- und Akademiker-Habitus, der Menschen sozial hierarchisiert. Oberflächlich gewinnt man den Eindruck, dass manche grob und andere feiner gestrickt wären aufgrund der Ausdrucksweise, Wortwahl, Kleidung, Gestik, Mimik, dessen kann auch ich mich kaum erwehren. Aber alle Menschen haben, so individuell sie auch aussehen, eine Anatomie die der Anatomie aller Menschen ähnelt - sowohl seelisch als auch körperlich. In diesen Zusammenhängen ist es doch interessant, darüber nachzudenken, was unsere Einzigartigkeit oder Komplexität ausmacht. Alle Menschen sind gleich und sind es doch nicht und dieses Mal ziele ich ausnahmsweise wirklich nicht auf die politische, rechtliche Stellung ab, sondern auf die physischen und psychischen Eigenschaften. Sind wir kulturell so geprägt, dass wir die Zusammenhänge zwischen dem Allgemeinen und dem Besonderen gut im Blick haben? Oder leben wir gerade da, wo es so wichtig sein könnte, Unterschiede wie Gemeinsamkeiten gut differenziert wahrzunehmen, in einer Phrasenblase? Ich will mich selbst davon gar nicht ausnehmen. In meiner Erkenntnistheorie (- 18) ist das Nachdenken über andere und über sich selbst eine Einheit. Schließlich bin ich ja auch das Produkt kultureller und gesellschaftlicher Einflüsse. So gesehen nichts Besonderes! Jeder ist sich selbst der nächste, sagt man, zutreffender aber ist: jeder ist sich der Besondere! Jeder hat sich selbst einmalig, einzig und allein. Jeder ist für sich selbst einzigartig. Schmerz- oder Lustempfinden mögen bei allen Menschen vorhanden sein, wirklich empfinden kann man es nur an sich. Bei allen anderen können wir nur nachempfinden und annehmen, dass ihre Lust oder ihr Schmerz, ihre Freude oder ihre Trauer sich ebenso anfühlt wie bei uns selbst. So konstituiert sich das Ich.

 Gedankenstrich 23 - "Ich"

Dieser Einwurf von außen ist mir so wichtig, dass er einen und mindestens einen Gedankenstrich wert ist! Da sagt jemand "ich" und das bin nicht ich! Meine Personenvorstellung auf Facebook lautet: ich bin ich, und wäre ich ein anderer, wäre ich trotzdem ich! Wie und wo schafft dieses Pronomen eine Identität mit seiner tatsächlichen und tiefen Bedeutung, gemeint ist nicht grammatisch die erste Person singular, die an erster Stelle der Konjugation steht und aller Beugung von Tätigkeiten Anfang ist, sondern die physisch-psychische Substanz, die eine Person in Selbst- und Fremdbewusstsein so erfüllt, dass sie gänzlich überzeugt von sich, d.h. in völliger Einheit mit sich selbst "ich" sagen kann. Mal ehrlich: wann hat man schon einmal so ein sich selbst durchdringendes Ich-Gefühl? Ich bin ganz und gar das was ich denke, fühle in völliger Einheit! Nun kann man fragen: «ja, was denn sonst? Wenn ich "ich" sage, meine ich auch "ich"». Aber schauen wir einmal die psychoanalytische Auffassung von "ich" an; das Ich ist darin die vermittelnde Instanz zwischen der Außenwelt und der Innenwelt. Ich möchte im Zusammenhang mit der Innenwelt erst einmal die Begriffe "Lust", "Trieb", "Begehren" vermeiden, möchte nicht alles ausschließlich im Verhältnis zwischen Libido und Norm sehen. Vielleicht führen mich die Dinge in ihrem Fluss unweigerlich dahin, aber eine skeptische Distanz kann zunächst nicht schaden! Es wäre eine seltsame Auffassung von Gesellschaft, sie von vornherein als ein Konglomerat von Normen und Konventionen als Libidohindernisse zu betrachten. Jede menschliche Interaktion ist eine gesellschaftliche, sonst wäre eine Aktion solipsistisch und autistisch, womit dann die Vorsilbe "inter" sinnlos würde! Und menschlich ist jede Aktion, die vom Ich ausgeht sowieso, weil das handelnde Ich ein Mensch ist. Hier soll das Wort "Mensch" aber ohne Pathos stehen, nicht als Krone der Schöpfung oder Evolution. Ohne Pathos heißt ohne Krone. Eine Gattungsbezeichnung ohne Wertung und Hierarchie! Es genügt mir vorerst ohne definitorischen Ehrgeiz das Wort "Mensch" mit seinen Ableitungen wie "menschlich" zu gebrauchen. Der Mensch ist keine Blume, kein Baum, kein Vogel, kein Affe, kein Hund, kein Huhn... die Negationen kann man ins Unendliche führen, aus der Definitionslehre wissend, dass Negationen, Ausschließungen also, zu keiner Definition führen. Definiert wird, indem man der zu definierenden Sache die übergeordnete Gattung und die spezifischen, besonderen Eigenschaften zuordnet. So setzen Definitionen ein Ordnungsgefüge voraus und bestätigen und verstärken dieses Gefüge zugleich. Auch hier könnten wir ein dialektisches Verhältnis sehen, aber wollten wir nicht beim Ich bleiben? Da war doch die Behauptung: jede menschliche Interaktion (nebenbei: zu anderen Aktionen und Interaktionen sind Menschen nicht fähig) ist eine gesellschaftliche. Warum das? Warum nicht eine individuelle oder subjektive oder willkürliche oder libidinöse? Kurz: Weil der Mensch gesellschaftlich ist.

 Gedankenstrich 24: Ich habe meine Antwort auf «Ich» als Gedankenstrich 23 genommen. Natürlich führt «Ich» schnurstracks zum Begriff «Subjekt».

Etymologisch beinhaltet das "Subjekt" lateinisch das Unterwerfen, bzw. das Unterworfene aus der Vorsilbe "sub" und dem Verb "iactare" (werfen, schleudern) zusammengesetzt. Grammatisch ist das Subjekt aber nicht das Unterworfene, also nicht passiv, sondern das Unterwerfende. Dem Subjekt entsprechend wird das Verb gebeugt: "Ich" "gehe"; "du" "gehst"... Philosophisch ist zu bemerken, dass das Subjekt im 16. Jahrhundert aus dem Griechischen lehnübersetzt ins Lateinische ins Deutsche Einzug hält. Es ist eben ein Begriff der Neuzeit, die mit Descartes' Meditationen anfängt "ICH" zu sagen. «ICH denke, also bin ICH.» Das ist das Cogito-Narrativ - das denkende Subjekt denkt und erzählt sich als denkend. Es erzählt von den Möglichkeiten der Täuschung, des Irrtums, der Denkfehler und Fehlschlüsse, jeder kennt es an sich, jeder hat schon einmal erlebt, wie er Fehlschlüsse zog, sich verrechnete oder eine täuschende Argumentation für wahr hielt. So macht sich das ICH im Narrativ auf den Weg, für sich einen sicheren Punkt zu suchen, von dem er sagen kann: gewiss ist, dass ICH hier richtig liege. Und dieser Punkt ist bescheiden: ich denke, also bin ich. Aber da bleibt es ja nicht stehen - dieses Cogito; es bewegt sich aus seinem Sein als Gewissheit wieder in die Welt hinaus. Und zwar auf eine naive Art und Weise, als habe es nie irgendwelche Gründe gegeben, um auf den minimalen Punkt der Cogito-Gewissheit sich zurückzuziehen. Das Subjekt hat einmal ICH gesagt und erobert von dort aus mit aristotelischer Naivität die ganze Welt, es baut Fernrohre, beobachtet die Sterne, die Laufbahnen der Planeten, rechnet und berechnet voraus und ist nun in seinem Cogito völlig unerschütterlich geworden. Egoman und größenwahnsinnig! Wenn man mich in meinem Cogito-Sein nicht täuschen kann, bin ich nimmer mehr zu täuschen, ich muss mich nur an das mir Gegebene halten. So aber beugt sich das Subjekt die ganze Welt zurecht. Der Positivismus konjugiert und dekliniert alles durch, was sich regt und erscheint. Das Subjekt aber glaubt, sein Sicherstes im Ich zu haben. Aus dem grammatischen wird ein positivistisches Unterwerfen und es beginnt damit, dass dem Subjekt sein Ich so nah und so unmittelbar erlebbar scheint. Wenn dem aber so wäre, bedürfte es keiner einzigen Therapiesekunde mehr! Dem setzt Friedrich Nietzsche eine andere These entgegen: "Wir sind uns unbekannt, wir Erkennenden, wir selbst uns selbst fremd". Das Ich, das Subjekt, die Persönlichkeit, der Charakter, das Selbst - sie alle drücken nicht dasselbe aus, ihre Differenzen aber verschwimmen und verschwinden im Cogito-Narrativ. Ein Ich erzählt sich denkend und baut darauf alles auf u.a. auch Lügen und Fiktionen. Mit dieser Behauptung sage ich nichts Neues bezogen auf Nietzsche. Es ist auch nicht selten der Fall, dass sich ein Ich in seinem Cogito-Narrativ sehr überzeugend findet, sich als autonom denkendes Subjekt empfindet. Ich unterscheide zwischen: Ich, Selbst, Persönlichkeit, Person, Charakter, Subjekt, Ego, Individuum.
Gedankenstriche 25-36

 
 
Uri Bülbül
freier Literat und Philosoph
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