Uri Bülbül | Das Ästhetikum

 
 
 
 
 
07.08.2023



Was ist etwas das du nur schwer zugeben kannst?

7. August 2023

Was ist wirklich bedeutend? Und vor allem: WER ist wirklich bedeutend? Die Politiker in den Machtzentralen des Parlamentarismus, der Ministerien, Parteien, Organisationen, Interessenverbänden, Lobbyisten? Die Beamten? Die Sanitäter in Rettungswagen, die mich nach einem Unfall ins Krankenhaus transportieren und betreuen und die Erstversorgung gewährleisten? Die Bäckereiverkäuferin, wenn sie mir die Brötchen über die Theke reicht? Die freundliche Hundebesitzerin, die mich von Weitem grüßt oder die unfreundliche und verängstigte, die mich von Weitem auffordert, meinen Freund an die Leine zu nehmen? Die Gartennachbarin, die eingeladen zum Konzert unverschämt und dreist mir erzählt, wie wenig Zeit sie hat, aber ich meine Termine ja nach ihrem Dienstplan legen könnte, sie würde mir den Plan durchgeben? Eine Person, die hier anonym die Frage stellt: «Was ist etwas das du nur schwer zugeben kannst?»

Wer ist wirklich bedeutsam? Wer ist wirklich wichtig? Warum wird ein Poet, der mehr Show macht als gute Poesie verfasst mit einem Preis geehrt, während ich nicht einmal wahrgenommen werde, anerkannt und meiner Arbeit gewürdigt?

In dieser letzten Frage spüre ich, dass ich in Bitternis ungerecht gegenüber jenen werde, die meine Seiten lesen, mir auf ask Münzen und Herzen vergeben und auch mit Kommentaren und Fragen Sonnenschein in meinen Trübsinn bringen. Sie sind wichtig und bedeutsam!

Ich kann nur schwer zugeben, dass Aufschneider, Rollenspieler und Personen, die zufällig zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort die richtigen Menschen treffen, an Bedeutung gewinnen, während andere im Dunkeln oder in ihren Nischen bleiben. Aber ich spüre auch so sehr eine Unsicherheit, ob ich überhaupt anders sein und leben und einen anderen "Erfolg" haben möchte, denn das alles bringt Verpflichtungen mit sich, Termine, Auftritte, Vertragsbindungen. Das alles ist nichts für mich und so lebe ich im Zwiespalt und kann nicht richtig zugeben, dass ich eigentlich genauso, wie und wo ich bin am glücklichsten bin, wenn nicht irgendwo das Altern und Sterben auf mich lauern würde, dem man aber sowieso nicht entgehen kann, ganz egal, wo man sich befindet und mit welcher Bedeutung man versehen ist. Vielleicht gibt es noch irgendetwas, was ich nur schwer zugeben kann, weil ich es nicht zu fassen bekomme, aber vielleich nur desalb nicht, weil ich es verdränge, wovon ich nicht sagen kann, was es wirklich ist. Ich spüre, da ist etwas und da ist nichts. Vielleicht kann ich das Nichts nur schwer zugeben, das auf mich wartet, das mich einholt, wann es will und wie es will, mich umnachtet oder unterhält, mir Hoffnung macht oder mich enttäuscht. Ich kann nicht zugeben, dass alles gleichwertig oder gleichunwertig mir Vor- und Nachteilen existiert, nichts gibt, worüber man sich wirklich grämen müsste oder sich so sehr freuen, dass man glaubt, die volle Erfüllung gefunden zu haben.

Aber dann gibt es da doch etwas:
 
 
Uri Bülbül
freier Literat und Philosoph
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