Uri Bülbül | Das Ästhetikum

 
 
 
 
 
25.11.2023


Passend zu den Elegien - eine romantische Performance-Idee:

1. Elegie:

Wolken pressen
Das Laub
In den Boden
Verdampfter Träume

Zurück die gestohlene Zeit
Zum Totschlagen

Es drückt
Etwas
Grundlos


Der Mond ins beredte
Schweigen
Vertieft
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2. Elegie

Bevor fremde
Finger
Die Lider
schließen,
So gläsern
Schweigend,
Kann sich
Der Augen Blick
Glücklich
Schätzen,
Dass

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3. Elegie (die eigentlich die erste des Tages war):

Jenseits der Klippen im Abgrund
Das Blau mit schäumendem Weiß
Und in einem kurzen Flug durch Suizidalia
Rot auf Schaum: Fischfutter!

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Lieber keine Gäste auf deiner Beerdigung oder keine Gäste auf deiner Hochzeit?

25. November 2023

Hochzeit interessiert mich nicht mehr.

Aber für meine Beerdigung habe ich eine Idee; da ich sie miterleben will, muss sie zu meinen Lebzeiten stattfinden als feierliche Zeremonie. Ich liebe den Essener Südwestfriedhof, der auch Ehrenfriedhof genannt wird. Da gibt es sehr alte Gräber und auch neue. Ich möchte den Essener Oberbürgermeister fragen, ob er mir nicht ein Grab auf dem Ehrenfriedhof spendieren möchte und wir diese Spende gemeinsam mit einem Grabstein, worauf meiner Meinung nach stehen könnte:
«Er stand sich immer im Weg und nun ist er weg für immer!»
Wir weihen mit einer feierlichen Rede und einer Lesung meinerseits diese Grabstätte ein und wenn ich sterbe und in Essen beigesetzt werden kann, ist völlig klar, wo mein Platz ist.

Was aber könnte den Essener Oberbürgermeister bewegen, mir ein Grab zu spendieren und an dieser feierlichen Zeremonie teilzunehmen?

Mein Argument hierfür ist, dass wir gemeinsam auf Kultur und Integration von Migranten aufmerksam machen könnten, und auf den Umstand, dass einige Migranten gar nicht mehr in ihre Herkunftsländer zur Bestattung überführt werden möchten, sondern in ihrer Einwanderungsheimat begraben sein wollen, da hier auch ihre Kinder und Enkel leben und sie hier am Grab besuchen könnten. Wir könnten über die Erdverbundenheit des Menschen, über Kultur, Leben, Integration usw. usf. philosophieren und mein Begräbnis wäre sozusagen eine künstlerische Performance zu diesem Themenkomplex.

Ich habe diese Idee schon seit über einem Jahr. Und eine Freundin hatte hierzu den Einwand geäußert, dass ihr die Inschrift missfällt, da ich mir doch nicht "immer" im Weg stehen müsse und ich das doch nicht so fest in Stein meißeln lassen sollte. Ich fand den Einwand sehr bedenkenswert. Aber stehen sich Menschen nicht immer irgendwie selbst im Weg, bis sie weg sind für immer? Auch das kann man thematisieren auf meiner Beerdigung. Vielleicht bitte ich im kommenden Jahr wirklich den Essener Oberbürgermeister um ein Gespräch und erläutere ihm meine Idee: für unbekannte Soldaten gibt es auf dem Ehrenfriedhof Gräber und Denkmäler, warum sollte es das nicht für unbekannte Dichter auch geben können?

Und um abschließend deine Frage zu beantworten: Natürlich müssen bei dieser Performance Gäste da sein. Und wenn ich wirklich tot bin, ist mir das egal.
 
 
Uri Bülbül
freier Literat und Philosoph
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