Uri Bülbül | Das Ästhetikum

 
 
 
 


Es kommt nicht darauf an, die Welt zu verändern,
sondern des Menschen Verhältnis zur Welt.



Zeit für Märchen
Das alte Weib und der zweibackige Apfel


Angeregt von Otto, der zackigen Ziege
Märschenstunde: Angenommen es klopft eines Tages an Ihre Tür und ein altes zerlumptes Weib steht davor und hält Ihnen einen Apfel unter die Nase. Ne rote und ne grüne Backe ( der Apfel ) Wo ? beißen Sie zuerst hinein. In lauernder Spannung; Otto der zickige Märschenerzähler.

Es war einmal ein Uri, genannt die "orientalische Nachtigall", weil er die Fabel von der Rose und der Nachtigall für sich umgedichtet hatte. Die Fabel ging so: einst waren alle Rosen weiß, da verliebte sich eine Nachtigall in eine Rose und besang sie, indem sie ihren Hals in ihre Dornen drückte, um seine unsterbliche Liebe auszudrücken, die ganze Nacht. Die Rose färbte sich vom Blut der Nachtigall rot, die Nachtigall hatte ihr ganzes Herzblut vergossen und starb im Morgengrauen.

Uri, die Nachtigall deutete dies so: die Rose hatte gar keine Chance, die Liebe der Nachtigall zu erwidern, weil sie keine Ohren hat und nicht hören, also auch den Liebesgesang nicht erhören kann. Sie wurde rot gefärbt und wusste nicht einmal warum :'( Alles nur ein Mißverständnis und ein absurdes Spiel.

Da klopfte eines Tages an Uri Nachtigalls Tür ein altes zerlumptes Weib und hielt ihm einen Apfel unter die Nase mit einer grünen und einer roten Apfelbacke. Uri, der alte Orientale freute sich sehr über diesen Besuch und lud die Dame (in seinen Augen kein "zerlumptes altes Weib"!) in sein Wohnzimmer ein, stellte sie seinem besten und vertrauenswürdigsten Freund, einem großen furchteinflößenden Hund mit blauen Augen vor und beobachtete seine Reaktion, während er ihr etwas zu trinken anbot: einen grünen Apfeltee und einen roten Hagebuttentee. Welchen würde sie zuerst trinken? In Tat und Wahrheit aber interessierte ihn etwas ganz anderes: nämlich das Verhältnis zwischen seinem besten Freund und der Besucherin; der weiße Hund aber ließ sich von ihr streicheln und alle Freundlichkeiten gefallen; also nahm der Dichter von der alten Dame den Apfel und biss in die grüne Apfelbacke, da Grün ja herkömmlich die Farbe des Giftes ist. Das zerlumpte alte Weib aber war eine böse Hexe und hatte den ganzen Apfel vergiftet und den guten Hund getäuscht. Ehe jedoch das Gift wirken konnte öffnete sich die Decke des Hauses, ein sprechender Lichtstrahl erschien und verwandelte Deus ex Machina die alte Frau in einen Rosenstrauch mit grünen Rosen! «Auf ewig sollst du im Garten dieses phantastischen Dichters ein Denkmal sein!», sprach die Stimme zum Rosenstrauch. Und zum Dichter: «Bilde dir bloß nichts darauf ein, dass ich "phantastischer Dichter" gesagt habe, denn "phantastisch" steht hier für einen Dichter mit blühender Phantasie und ist kein Qualitätsurteil!» «Das weiß ich doch», erwiderte der Dichter, «was ist aber mit dem Gift? Ich muss nun gleich sterben», jammerte Uri, die Nachtigall. «Papperlapapp!», schimpfte das sprechende Licht: «Du musst nun nicht alles gleich so dramatisieren! Ich gebe dir noch eine zweite Chance! Schreib ein besseres Märchen!» Der beste Freund des Dichters bellte, der Dichter aber fragte: «Kann dann bitte eine schöne Fee an meine Tür klopfen?»

Märchenstund hat Gold im Mund: Das Märchen von der leibhaftigen Fee *-*

26. Juni 2022



Es war einmal ein Philosophendichter und Philosophemenerdichter und der Narr war seine Tarotkarte, die Null unter den Karten. Und wie auf der Karte so hatte auch der Philosophemenerdichter einen großen vierbeinigen weißen Begleiter, seinen Seelenfreund. Glücklich und zufrieden verlebten sie ihre Tage mit Spaziergängen und in einem kleinen Gartenhäuschen in einem Kleingarten, bekamen Hunde- und Menschenfreunde zu Besuch. Bei einem Spaziergang eines Tages erst durch die unfreundlichen Stadtviertel, wo auf den gepflegten Rasen «Privat! Kein Hundeklo!» auf den Schildchen stand, dann über eine Fahrradtrasse in ein im Wald gelegenes Tälchen, wo ein kleiner Regenwasserkanal führte, und dann durch Wald und Busch auf dem Heimweg, erschien ihnen eine Fee. Der Seelenfreund bemerkte sie zuerst und wackelte freudig mit dem Schwanz. Dann sah der Dichter und Narr diese junge, wunderschöne Dame, die ihn sogleich bezauberte und in die er sich verliebte. Und wie jede Fee, sagte auch diese: «Drei Wünsche hast du frei!» Und dem Dichter fiel zunächst nur ein einziger ein: «Oh wärst du doch leibhaftig und meine Frau», sagte er, «Das wünsche ich mir so sehr!» «Hmmm ja, nur das?», fragte sie und der Seelenfreund bekam eine Bürste und knurrte etwas. Und der Dichter dachte als Philosophemenerdichter der kynophilen Schule «Wenn dieser Wunsch in Erfüllung geht und die Fee leibhaftig wird, kann sie mir keine weiteren zauberhaften Wünsche mehr erfüllen.» Und sagte dann laut: «Doch, ich hätte noch einen Wunsch und den mögest du mir bitte vorher erfüllen: ich wünsche mir so sehr, dass mein Seelenfreund so alt wird wie ich und wir beide zusammen aus dem Leben scheiden, da ich niemals ertragen könnte, wenn er vorher stürbe!» «Das also ist dein erster Wunsch?» fragte die Fee etwas schnippisch. «Hast du denn auch noch einen dritten, für gewöhnlich erfülle ich Menschenkindern immer drei Wünsche!» So recht glaubte sie aber nicht, dass dieser Narr und Dichter noch einen dritten Wunsch haben könnte. «Doch ich habe noch einen Wunsch», sagte der Philosophemer: «Wenn mein erster Wunsch, der nun mein zweiter geworden ist und logisch mein dritter sein sollte - wenn also mein Wunsch, dass du leibhaftig werden und mir angehören mögest in Liebe und Hingabe, in Erfüllung geht, sollst du meinen Seelenfreund ebenso sehr lieben wie ich ihn liebe!» Kaum hatte er zu Ende gesprochen, wurde die Fee in all ihrer Schönheit leibhaftig. «Ach», sagte sie, «Was ist das für ein blöder Köter! Wenn du willst, dass ich bei dir bleibe, so jage ihn hinfort!» Der Dichter und der Seelenfreund sahen einander an; «Ach, ach», sagte der Dichter. «Geh du hinfort, dummes Weib! Niemals trennte ich mich von meinem Freund, der meine Seele ist!» Schnippisch wackelte die Dame davon und die beiden wussten, dass mit ihrer Freundschaft etwas Unglaubliches passiert war - sie, die schon so groß wie beider Seelen zusammen war, war nun noch ein Stück gewachsen. Und wenn sie nicht gestorben sind, so lieben sie sich noch heute <3

 
 
Uri Bülbül
freier Literat und Philosoph
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