24. September 2011
Der Herbst ist da...

Es ist ein sonniges und ruhiges Wochenende. Ich könnte sogar auf Fußballnachrichten eingehen - so ruhig ist es. Schalke gewinnt gegen Freiburg, Bochum kämpft in der 2. Liga im unteren Teil der Tabelle. Als VfL Bochum abstieg, war die Stimmung so, als sei dies ein schnell zu korrigierendes Versehen. Welche Arroganz! Dieselbe, die die Fußballfrauen der Nationalelf an den Tag legten. Klar werden die Damen, die schon so oft Weltmeister wurden, im eigenen Land Weltmeister. Und schon läuft alles ganz anders. Sport und Leben gleichen sich in diesem Punkt: beides verlangt Aufmerksamkeit, Respekt und Vorsicht. Nichts ist selbstverständlich - und schon gar nicht der Erfolg! Die Macht des Lebens, diese Übermacht gegenüber jeglicher Berechnung und arroganter Selbstgewissheit, sie wirft den Hochnäsigen auf den Boden und schleift die Nase auf dem rauhen Steinboden blutig. Ich will nicht sagen, dass der Mensch sich nicht bemühen soll und ganz und gar planlos vor sich hinleben. Ich denke oft an die biblischen Worte: Seht die Vögel! Sie säen nicht, sie ernten nicht. Und der Himmlische Vater ernährt sie doch. Selbst diese Worte können nicht so gemeint sein, dass der Mensch jegliches Planen und Streben einstellen soll. Ich denke mir, eine theologische Spekulation anstellend: wenn denn der Mensch Gottes Ebenbild sein soll, also auch mit Vernunft begabt, dann gehört es auch zu seinem Wesen, zu planen und zu streben. Doch darf die Vermessung der Welt (ein wunderbares Symbol planerischen Handelns) nicht zur Vermessenheit führen: Wir sind nur aus Versehen aus der ersten Liga geflogen und werden in der nächsten Saison bestimmt wieder erlöst. Das ist keine Sorglosigkeit, sondern eine bodenlose Dummheit. Damit wird die Vernunftbegabtheit des Menschen Lügen gestraft.

Nein, man muss sich immer konzentrieren und die Aufgaben, die man vor sich hat ernst nehmen. Doch sollte dieses Ernstnehmen nicht umgekehrt zu einer anderen Form der Borniertheit führen: Das Geltenlassen von reiner Zweckrationalität in Krämerseelenmanier: Was bringt mir das? Was kostet das? Was bekomme ich, wenn ich mich engagiere? Wenn der Lohn nicht von vornherein feststeht, mache ich keinen Finger krumm. Gegen diese Borniertheit kann man nur sagen: Seht die Vögel... :-)

Wenn wir das Leben ästhetisieren wollen und angeblich wollen wir nichts anderes: Seht mal fern! Schaut euch die Werbung an! Und ihr werdet nichts anderes finden als Ästhetisierungsversprechen: schöner, jünger, gesünder, schneller... Wenn wir also das Leben ästhtetisieren wollen, müssen wir sowohl zielbewusst als auch gelassen handeln. Und von der Arroganz Abschied nehmen, dass wir alles und jedes beherrschen können. Tschernobyl und Fukushima haben uns in der technologischen Arroganz eines besseren belehrt: wir dürfen nicht so tun, als wären wir gottgleich in der Lage, in die Ewigkeit zu berechnen und zu planen. Der Umkehrschluss daraus lautet nicht, lasst jede Technik sausen und lebt wie die Vögel, die nicht säen und ernten (können!). Das Forschen, Planen und Handeln kann sich auch auf bescheidenere Technologien konzentrieren. Das ist keineswegs irgendeine beliebige Entscheidung, sondern eine zutiefst philosophische, will sagen: prinzipielle!

Vielleicht beginnt für die Menschheit eine neue Ära - vielleicht aber einfach nur der Herbst in diesen Breitengraden. Mein Autorenfreund Jo Ziegler und ich haben uns sowohl zur Fragilität menschlicher Zielsetzungen und planerischen Handelns als auch zum Herbst bildlich wie wörtlich unsere Gedanken gemacht. Jo Ziegler lieferte die Fotos und ein Gemälde und ich die Texte. Die Fotos zieren mit dem Text die Seite 7 des dritten KULTURPROGRAMMs dieses Jahres. Und das Herbstgemälde wird mit meinem Herbstgedicht im vierten KULTURPROGRAMM im November erscheinen.

Hier sind die Bild-Text-Poesien online zu finden: Herbst und Broken Dreams

25. September 2011
Neuer Text...

In dem Hardenberg-Zyklus veröffentliche ich nun eine Kurzgeschichte, die vor etwa drei Monaten entstanden ist. Neben «Der Auftrag» und «Brachland» gibt es nun auch «Spiele» als in sich abgeschlossenen Text.
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