23. Juni 2010

Das Schweigen könnte auch nach einem Monat wie im Mai mein Hauptthema sein; ich habe das Gefühl, daß Sprechen alles nur noch schlimmer macht. Ich begreife die Dinge ja doch nicht. Und wenn ich schreibe, bringe ich längst nichts von dem zur Sprache, was mir Schmerzen bereitet. Auch der Satz: "Ich bin der Hölle entronnen!" bleibt mir im Hals stecken. Ich könnte daran ersticken.
Vielleicht ist mit Neon bei Nacht schon alles gesagt, was es zum Thema Liebe zu sagen gibt - jedenfalls aus meiner Warte.
Der Rest ist nicht mehr Lieben, sondern Schweigen. Dabei fing alles mit dem Hohelied der Liebe an:
«Ich habe eine Lieblingsstelle in der Bibel», sagte ich. Und sie: «Ja, bestimmt Korinther 13. Ist auch meine Lieblingsstelle...» Ich war fürbaß erstaunt und hielt es für eine Magie der Liebe. Sie währte nun an die vier Jahre.
Nun aber ist Schweigen, und ich überlege, ob ich die letzten beiden Wörter aus Neon bei Nacht nicht streichen soll.
Es wird nicht dunkel um das Subjekt. Es wird überhaupt dunkel. Schweigen ist Gold, sagt man. Mein Herz ist nun vergoldet. Und aus dem Halbschlaf überfällt mich am Morgen der Satz, den ich dem Traum entreißen will, weil ich ihn lebendig fühlen kann und nicht nur denke, weshalb ich aus dem Bett zum Pult torkle: «Es muß einen weiten Raum für Gedanken geben zwischen keinem Ort und Nirgends - einen Raum, der alles aufsaugt und vergessen macht - auch das Vergessen.» Diesen "Ort" hatte ich im Schlaf noch gefühlt - in all seiner Paradoxie. Am Pult war alles nur noch Sprache - klingende Schelle, tönend' Erz.
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