Uri Bülbül

 

30. August 2005

Vergangene Woche hatte ich eine Lesung in der Bodegas Rioja von Andreas Krämer in Bochum. Sie war mäßig besucht. Irgendwie wirkte sie auf mich ohnehin etwas verhext; erst wollten sich keine Musiker finden lassen, die die Lesung musikalisch begleitet und bereichert hätten, dann wurde auch meine Partnerin Karin Kress krank, mit der wir die "Effekte aus dem Schreibhaus - Sommerwehen" bestreiten wollten. Dennoch fiel die Lesung nicht ins Wasser und fand vor etwa zehn Besucherinnen und Besuchern tatsächlich noch statt. Es ist ganz wichtig, sich von der Anzahl der Besucher nicht abschrecken oder frustrieren zu lassen. Die Menge allein macht nicht die Größe des Publikums aus, und so wurde der Abend durchaus ein ansehnlicher Erfolg. Ich las Gedichte, die auch auf dieser Homepage veröffentlicht sind, las Romanauszüge und Auszüge aus der Novelle BRACHLAND, die nicht veröffentlicht ist.
In Druck gegangen ist letzte Woche allerdings Feuer in Foyer aus der Schreibhaus-Reihe Literatur.geortet. Die Reihe besteht weniger aus Publikationen als aus Workshops, die an Orten stattfinden, an denen für gewöhnlich nicht geschrieben wird. Die vorletzte große Literatur.geortet-Aktion fand im Katakomben-Theater in Essen statt, wo fünf Autoren spielten, experimentierten, skizzierten, fotografierten und Texte verfassten. Es war ein literarischer Annäherungsversuch an ein Theater oder an das Theater überhaupt. Einer der Texte, der dort entstand, tendiert in Richtung Drama oder will gar Drama sein, alle anderen hingegen sind epischer oder essayistischer Natur. Aber es entstand auch Lyrik. Ich selbst tendierte Richtung Essay. Und übermorgen, am 1. September 2005 wird der Moment sein, an dem die Texte in gedruckter und vorgetragener Form dem Publikum im Katakomben-Theater präsentiert werden. Lampenfieber wird sich kurzfristig einstellen. Aber man kann schon sagen, daß ich sehr gespannt auf die Lesung bin. Sie ist nach der gleichnamigen Miniatur von Josef Damberg mit "Feuer im Foyer" übertitelt. Bis gestern Nacht gab es auch schier nichts anderes mehr zu berichten aus dem Büro. Aber gestern Nacht hatte ich einen literarischen Schub und begann eine essayistische Erzählung, die in wenigen Stunden rasch anwuchs. Allgemein und wenigsagend ausgedrückt -ich will zunächst auch nicht zu viel verraten- geht es in der Erzählung um den Innenaspekt des Schreibens und um den Einfluß der Technik auf das Schreiben. Technik kann hier wirklich in mehrfachem Wortsinn verstanden werden. Sie hat sicher einen heuristischen Aspekt, wann fühlt man sich am besten in der Stimmung zum Schreiben, einen rhetorischen Aspekt: welche Stilmittel kommen in Frage, welche Gattungen mit welchen Vor- und Nachteilen; und einen technischen Aspekt im Sinne der Hard- und Software, die man zum Schreiben benutzt. Das alles verschmilzt in meiner neuen Erzählung zu einer quasi autobiografischen Erzählung. Der Titel sei jetzt schon mal bekannt gegeben: Alfons Albermann. Wer dahinter eine satirische oder komische Albernheit vermutet, liegt falsch. Über die Umstände ihrer Entstehung gibt es jetzt schon einiges zu erzählen, aber ich warte lieber bis die Lesung übermorgen hinter mir liegt, bei der ich aus Alfons Albermann natürlich nichts vortragen werde. Wie heißt es so schön bei kleinen Kindern: zweimal schlafen, dann ist Feuer im Foyer.
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